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Roland Emmerichs „Godzilla“ von 1998 war an der Kinokasse gar nicht schlecht dabei, die Herzen der Kritiker und vor allem der Godzilla-Fans flogen ihm aber nicht zu. Deshalb kam es auch zu keinem Sequel, sondern stattdessen versuchte sich 16 Jahre später mit Warner ein anderes Studio an einem kompletten Reboot.
Dabei bezieht sich die US-Neuauflage von Gareth Ewards durchaus auf die Godzilla-Historie: Noch immer wird die Riesenechse als von Atomwaffentests in den 1950ern erweckt angesehen (in einem Vorspann, der schön als Hommage an die alten Filme und ans Zeitgeschehen funktioniert), aber als danach verschwunden. Spuren und Überreste von Godzilla finden die Wissenschaftler Ishiro Serizawa (Ken Watanabe) und Vivienne Graham (Sally Hawkins) im Jahr 1999 in Japan, die im Auftrag einer Behörde namens Monarch unterwegs sind. Auch eine neue Kreatur ist geschlüpft, deren Weg zum Meer eine Katastrophe in einem Atomkraftwerk auslöst, in dem auch Joe Brody (Bryan Cranston) und seine Frau Sandra (Juliett Binoche) arbeiten. Joe überlebt, Sandra stirbt, womit Sohnemann Ford Halbwaise ist und alle menschlichen Hauptfiguren mitsamt ihrer jeweiligen Godzilla-Verbindung angeteasert sind.
2014 ist Ford (Aaron Taylor-Johnson) nicht nur erwachsen, sondern auch Bombenspezialist der Armee, frisch heimgekehrt zu Ehefrau Elle (Elizabeth Olsen) und Sohnemann Sam (Carson Bolde). Doch mit Familienidylle ist nicht viel, denn der in Japan verbliebene Papa verursacht Ärger, da er (mal wieder) auf dem Gelände des zerstörten Kraftwerks erwischt. Also jettet Ford nach Japan, holt Dad aus dem Knast, lässt sich aber trotz allen Ärgers über den Ollen doch auf eine weitere illegale Erkundung der Quarantäne-Zone ein – und stellt fest, dass tatsächlich keine Radioaktivität verströmt wird. Also sind Joes Forschungen wohl richtig, auch seine Vermutung, dass die im Vorfeld zu hörenden Wellen keine Erdbeben ankündigen, sondern eben Riesenkreaturen – eine Idee, die im 2019er Sequel dann noch vollends zum MacGuffin ausgebaut wurde.

Die Monarch-Truppen sacken Joe und Ford ein, doch schon bald erheben sich die ersten Urzeitmonster aus dem Schlaf: Insektenartige Wesen, Mutos genannt. Dies wiederum holt deren Erzfeind Godzilla auf den Plan, weshalb die Brodys zusammen mit Ishiro und Vivienne in den Kampf der Giganten verwickelt werden, in den sie steuernd eingreifen möchten…
Sicher, bei einem „Godzilla“-Film geht es eigentlich nie um menschliche Figuren und deren Darsteller, aber angesichts der Besetzung hätte man schon mehr von Edwards‘ Film erwarten dürfen. Einzig und allein Bryan Cranston kann hier noch ein wenig punkten, aber er steht kaum im Mittelpunkt. Juliette Binoche legt bloß einen besseren Cameo-Auftritt hin. Also hat man noch man nur noch Ken Watanabe mit ewig gleichem Gesichtsausdruck (total verschenkt, der Mann), eine kaum im Gedächtnis bleibende Sally Hawkins, sehr viel Aaron Taylor-Johnson, der deutlich farbloser als sonst spielt, und Elizabeth Olsen, deren Rolle als Krankenschwestern-Love Interest noch egaler ist als der ähnlich angelegte Part von Radha Mitchell aus „Olympus Has Fallen“. Aber das beschreibt den Film schauspielerisch ganz gut: Niemand macht einen schlechten Job, sie sind alle eben fast alle farblos bis egal, was auch am Drehbuch liegt.
Diese murkst die einzige interessante Figur nach rund 30 Minuten ab und liefert „Godzilla“-Film mit enttäuschend wenig Godzilla, dafür jeder Menge Zeit mit Ford. Inszenatorisch versucht sich Edwards an dem Kniff, dass er diverse Godzilla-Auftritte abbricht und nur das Danach zeigt, was bei der Fernseher-Überblendung noch ganz witzig ist (gerade wenn sich Godzilla und das Muto wrestlingmäßig in verschiedene Hochhäuser hauen), spätestens bei der Bunkerszene im Showdown (!) aber nur noch wie Zuschauerverarschung wirkt. Teilweise wurde diese Strategie mit „Der weiße Hai“ und „Alien“ verglichen, doch diese Gleichstellung krankt an mehreren Punkten. „Der weiße Hai“ und „Alien“ sind Spannungsfilme, die neue Monster etablieren, keinen 60 Jahre alten Bestandteil der Popkultur neu auflegen und das Design zu Werbezwecken vorher in Filmzeitschriften wie „Empire“ präsentierten. Und noch dazu kann man Godzilla eigentlich recht früh im Film gut erkennen; es wird einfach nur die Action ausgespart.

Dementsprechend sind die Actionszenen von geringer Anzahl und werden dann auch noch kurz gehalten. Es gibt immerhin ein paar durchaus starke Lichtblicke, darunter eingesprungene Finishing Move mit Godzillas Schwanz oder die schick gemachten Halo-Jump-Sequenz – eine der wenigen Szenen, in denen das unterm Strich völlig unnötige 3D im Kino etwas ausgespielt werden konnte. Auch die obligatorische Militär-contra-Godzilla-Szene gibt es, die aber dramaturgisch ziemlich holprig eingebaut wird. *SPOILER* An diesem Punkt ist er ja schon als Quasi-Verbündeter der Menschen etabliert, muss aber trotzdem der Golden Gate Bridge zu nahe kommen, weshalb das Militär auf ihn schießt. Hätte das Militär Erfolg gehabt, wäre danach vermutlich San Francisco den Mutos zum Opfer gefallen. *SPOILER ENDE*
Sowieso ist „Godzilla“ schreiberisch nicht in Hochform, hantiert etwa mit jeder Menge Kitsch (z.B. muss bei der Hochbahnszene ein Kind Gefahr geraten, für versuchte Emotionssteuerung mit dem Holzhammer). Dazu gibt es dann diverse Logiklücken und Doofheiten, angefangen von dem wiederholten Kampffliegereinsatz, nachdem man von der EMP-Fähigkeit der Mutos weiß, bis hin zu Leuten, die normal in einem Büro arbeiten, während der Rest von San Francisco aufgrund der Monsterangriffe evakuiert wird (da wollte Edwards entgegen jeder Drehbuchkonsistenz nicht auf die Leute-arbeiten-im-Büro-während-draußen-Monster-wüten-Szene verzichten). Diese sich summierenden Wehrmutstropfen sind schade, denn eigentlich steckt in „Godzilla“ schon ein atmosphärisch dichter Monsterfilm, ganz ohne Camp-Faktor: Die Bedrohung durch den (meist nächtlichen) Kampf der Giganten, bei denen Menschen dazwischen geraten, ist jederzeit spürbar, die Inszenierung der Clashs ist noch nicht so vernebelt wie im 2019er Sequel, aber leider nutzt der Film sein Potential nicht aus.

Wer gerne den Abenteuern des Soldaten Ford folgt, der zwar wenig Eigenschaften hat, dank Freund Zufall aber immer im richtigen Moment mit den richtigen Fähigkeiten in einem Godzilla-Zwischenfall mitmischt, der bekommt mit Edwards‘ Reboot den Film seiner Träume. Dieser ist auch atmosphärisch durchaus gelungen und die vorhandene Monster-Action kann sich teilweise schon sehen lassen – würde Edwards nicht über weite Teile auf das Gimmick zurückgreifen die Action frühzeitig abzubrechen. Denn mysteriöser macht dies den Film nun nicht.

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