kurz angerissen*
erstmals veröffentlicht: 29.05.2014
Man weiß nicht so recht, was man von Edwards Interpretation der legendären Japan-Echse halten soll. Auf jeden Fall vielen Dank an all die Enttäuschten da draußen, ihr habt meine Erwartungen so massiv gesenkt, dass ich dann doch einen sehr angenehmen Kinoabend hatte und überrascht war, so viele positive Faktoren vorzufinden. Als da wäre in allererster Linie Godzilla selbst. Da Edwards über Dreiviertel als spannungsschürender Leisetreter in Erscheinung tritt, kann das initiale Gebrüll der Echse bei ihrem ersten leinwandfüllenden Erscheinen richtiggehend das Popcorn aus dem Sessel fegen. Netter Job der Sounddesigner an dieser Stelle (die aber bei der Gestaltung des Strahlenknisterns beim Monstersex wohl den meisten Spaß gehabt haben dürften), Hand in Hand gehend mit dem Monsterdesign, das gleichermaßen so gewaltig und gottgleich anmutet und dann doch wieder unbedarft, trampelig und schwerfällig. Die Arme kriegt das Ungetüm kaum gehoben, der gewaltige Unterleib steht auf säulenartigen Bipoden, die festgewachsen scheinen wie Jahrtausende alte Baumstämme und den Korpus wie einen Schneckenlaib über den Asphalt ziehen. Elegant sieht Godzilla nur aus, wenn er sich durchs Wasser bewegt, und gerade diese Verletzlichkeit und diese Abkehr vom Entwurf des perfekten Predatoren lässt die Kreatur so gelungen scheinen, weil sie auf der Erdoberfläche so fehl am Platz wirkt und jederzeit den Eindruck erweckt, eine lästige Aufgabe erledigen zu müssen und so schnell wie irgend möglich wieder im Marianengraben zu verschwinden. Mag man auch nur wenige Minuten seiner Erscheinung vor der Kamera messen, dies ist vielleicht die bislang schönste Reinkarnation der 60 Jahre alten Monsterikone.
Und der "Monsters"-Regisseur hat immerhin verstanden, wie man diese Ikone in einem ersten Film (ein zweiter soll ja folgen und gibt dann hoffentlich mehr preis) vorzustellen hat: Schrittweise nämlich, immer nur Details sichtbar machend; nicht zwangsläufig, um die Vorstellungskraft des Zuschauers anzuregen (obwohl sich Edwards ja bekannte, von "Der weiße Hai" inspiriert worden zu sein, der mit dieser Methode zum Klassiker wurde), sondern eher, um die Unbegreiflichkeit des Monsters zu betonen und das rein dimensionale Fakt, dass ein Lebewesen dieser Größe vom Menschen kaum in vollem Umfang registriert werden kann, sondern immer nur ausschnittweise.
All das gelingt Edwards vortrefflich, was man von seiner Dramaturgie, münzt man sie auf die gesamte Laufzeit um, nicht behaupten kann: Da wird Suspense geschürt, geschürt, geschürt, und dann... das Ende, einfach so. Sicher liegt am Ende eine Stadt in Trümmern, insofern werden einige Minuten lang jene Erwartungen befriedigt, die man bei diesem Budget unmöglich hätte ignorieren können. Doch das Ende der Geschichte kommt ebenso unverhofft wie es herbeigerufen wurde, der Erzählung fehlt letztendlich eine Dichte irgendwelcher Art. Weder vermag Edwards diese aus dem durchweg blassen Cast zu ziehen noch kann er dem Paarungstreiben der (im abiologischen / synthetischen Sinne) alienesken Mutos mehr entnehmen als den uralten Fortpflanzungsdrang, dem ja selbst Emmerich mit Fortsetzungs-Bildsprache nicht widerstehen konnte. An diesen Stellen enttäuscht "Godzilla" enorm, wohl auch, weil man gerade von diesem Regisseur dahingehend deutlich mehr erwartet hätte. Der 98er-Version wird trotzdem mächtig in den Arsch getreten, und sollte die Fortsetzung nicht dem Irrtum erlegen sein, erneut das nicht Gezeigte in den Vordergrund stellen zu müssen, so ist hier wenigstens eine würdige erste Vorstellung gelungen.
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