kurz angerissen*
Wie schwer es ist, sinnvolle Worte zu einem Film zu finden, der bereits so eifrig als Kunstobjekt diskutiert wurde, lässt sich mal wieder an „Birdman“ ablesen. Keatons großes Comeback mit halb autobiografischem Einschlag, Iñárritus Durchbruch bei Kritik und Publikum, großartiges Handwerk in Sachen Regie, Kamera, Schnitt, Musik, Drehbuch und Schauspielführung, alles wurde bereits analysiert… und alles sicher richtig, aber seine ganze Aufmerksamkeit hat dieser Film wohl dem Umstand zu verdanken, dass er sich mit Superheldentum befasst, einer Disziplin, die über Jahre erfolgreich war und nun nach zwei Phasen „Avengers“ und zwei Varianten „Spider-Man“ oder „Fantastic 4“ vor dem Überdruss steht. Der mexikanische Filmemacher, der bislang für bleischwere, emotionale Schneckenhäuser bekannt war, dreht eine solche Szene, die für den modernen Comicfilm typisch ist, und stellt sie im Kontext als Fremdkörper dar: Schwebende Kamerafahrten durch Großstadt-Häuserschluchten, einschlagende Feuerbälle und eine gigantische CGI-Kreatur, sie alle werden quasi „out of the box“ inszeniert, denn ihnen voran geht ein schleusenartiger, naht- und scheinbar schnittloser Gang durch Theaterkulissen, in denen Darsteller mit der Grauzone zwischen Lüge und Authentizität nach dem wahren Sinn ihrer Berufung suchen.
Technisch makellos führt Iñárritu durch die Kulissen, lässt die Beleuchtung ausgesprochen viele Entscheidungen treffen und macht die Pointen seiner Sequenzen vom Tempo im Gang und Sprachfluss seiner Akteure abhängig – womit insbesondere Keaton und Norton hervorragend zurecht kommen, aber auch Akteure wie Zach Galifianakis, von denen man überwiegend Klamauk gewohnt ist.
Natürlich ist das beeindruckendes, hintersinniges Kino, das sich mit generischen Methoden zeitgenössischen Filmemachens kritisch auseinandersetzt, gleichwohl ein Stück weit berechnend und überraschungsfrei, ironischerweise vielleicht am meisten in jener Broadway-Szene, die eigentlich Spontaneität ausdrücken möchte. Dennoch ein Achtungserfolg für die Kunst; einer jener Filme, denen von der Breite höchstmögliche Meisterschaft attestiert wird, was man mit ein wenig Überheblichkeit in den Augen wohlwollend zur Kenntnis nimmt, zwei Dinge wissend: Dass es da draußen zwar weitaus größere Werke gibt, aber eben auch, dass der Massengeschmack schon viel schlimmer gewesen ist.
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