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Der kalte Norden besticht zwar nicht durch stets hochwertigen Filmexport in hiesige Gefilde, hat aber regelmäßig eine Perle zu bieten, die erst unter Kennern, später dann auch unter dem Durchschnittskonsumenten Beachtung finden wird. Ole Bornedals „Nightwatch“, den er während seines kurzen Ausflugs nach Hollywood (u.a. produzierte er dort „Mimic“) noch einmal inszenieren durfte, ist so ein Kleinod.

Wie der Titel es schon deutlich klarstellt, geht es hier um eine Nachtwache, genauer gesagt um einen nächtlichen Job für den Studenten Martin, der sich seine Brötchen und die Miete mit diesem scheinbar leichten Job verdienen möchte. Was ist schon dabei, nachts ein paar Mal durch ein Krankenhaus zu marschieren und nach dem Rechten zu sehen? Eine ganze Menge, wie sich bald herausstellt, denn Bornedal spielt mit Ängsten, wie so ziemlich jeder von uns in so einem Job haben dürfte. Nachts ist man allein in dem riesigen Komplex, glaubt Geräusche zu hören, die nicht da sind und darf als Krönung täglich in der Leichenkammer vorbeischauen, um zu prüfen, ob auch niemand ausgebüchst ist. Ob lange, dunkle Gänge, flackerndes Licht, Türen, die vor wenigen Minuten noch zu waren oder plötzliche Besuche eines Cops, der gerade im Mordfall „Nekrophiler Serienkiller metzelt durch die Stadt“ ermittelt, sowie sein Freund mit dem makaberen Späßen und der Idee einen zweiwöchigen Marathon auszufechten, bei dem man sich die unmöglichsten Aufgaben aufbürdet; Unruheherde gibt es genug.

Damit der Plot sich nicht ausschließlich aus Genreversatzstücken zusammensetzt gibt es eine ordentliche Portion Realismus dazu, durch den man problemlos in Martin eintauchen und ihn bei seinen nächtlichen Rundgängen begleiten kann. Es ist ein junger Mann wie du und ich, der gerade pflüge geworden, ohne die Stütze seiner Eltern leben möchte und eine feste Freundin hat, die ihn baldmöglichst heiraten möchte. Während des Wochenendkneipenzugs gibt es auch schon mal Stress, im Restaurant wartet ein erfrischender Blow-Job und gegen althergebrachte Herren wird sowieso rebelliert.

Selbst die kribbelige Arbeit im Krankenhaus kann dank Angst unterdrückender Rockmusik und ordentlichem Fick in der Leichenkammer zum Spaß werden. Aber da ist halt noch dieser ominöse Serienkiller und der ein oder andere ungeklärte, nächtliche Vorfall in der Klinik, bei denen sich Martin langsam aber sicher fragt, ob er einfach nur paranoid ist oder irre wird. Problematisch allein schon deswegen, weil er schon im Kreis der Verdächtigen auftaucht, in dem auch der Zuschauer nun fleißig herumrätselt: Who has done it?

Die Antwort gibt es cirka 30 Minuten vor Schluss, was dem Film aber dramaturgisch keinesfalls zerstört, sondern zu einem kniffeligen Finale im Krankenhaus transportiert, wo Martin dem Unhold inzwischen, dank eigener Recherchen, auf die Schliche gekommen ist. Nur ahnt dieser jene Entwicklung schon voraus und hat seine eigenen Pläne, die selbst überraschend auftauchende Bekannte nicht vereiteln können. Oder etwa doch?

Wer nun auf das spätere Remake flucht, dass zwar banal identisch abläuft, aber eine etwas geschliffenere und ausgefeiltere Inszenierung besitzt, dem kann ich sagen, dass es eindeutig eins der Besseren ist, auch wenn ihm so mutige Szenen wie „Kotz’ ins Taufbecken“ fehlen, und es sich keinesfalls vor dem Original zu verstecken braucht.

Fazit:
Schwarzhumoriger Horrorthriller aus Dänemark, der geschickt mit menschlichen, paranoiden Urängsten spielt, dabei aber dramaturgisch wie storytechnisch nicht in Genrekonventionen hängen bleibt, sondern stets selbstständig seine eigene Geschichte erzählt. Die international unbekannten Gesichter machen ihre Sache gut, explizit wird es hin und wieder, ohne geschmacklos zu werden, auch und für den Rest sorgt das muntere Rätseln.

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