Ein mutiges Desaster biblischen Ausmaßes
Nachdem mich Darren Aronofsky dieses Jahr mit "mother!" ziemlich umgehauen hat, endlich mal wieder, war es Zeit "Noah" nachzuholen, der thematisch ja verwandt ist zum aktuellen, polarisierenden Film der Stunde, den ich jedoch immer vor mir herschob, auf Grund seines äußerst schlechten Rufs. Und ja, er ist für mich der mit großem Abstand schlechteste Film des begnadeten Regisseurs. Für eine Vollkatastrophe sind aber allein einige der Bilder so episch und unvergesslich, dass man der verqueren Bibelstory zumindest Interesse schenken möchte. Es geht um Noah, Gott, seine Arche, die Sintflut und die verkorkste Menschheit. So weit, so biblisch. Allerdings nimmt sich Aronofsky dann doch wesentlich mehr Freiheiten als man meinen könnte. Nicht, dass man von ihm keine Überraschungen und Eier erwarten würde, ganz im Gegenteil. Doch transformerähnliche Steinmonster oder gruselige Alptraumsequenzen hatte ich in diesem Ausmaße wenig bis gar nicht erwartet. Zumindest die Steinwesen fand ich auch richtig übel und unpassend. Doch sie sind nur die auffälligsten Steine, die sich das Mammutprojekt selbst in den Weg legt.
Für einen grossen Hollywoodblockbuster und Katastrophenfilm, ein Sandelenepos und eine Bibelgeschichte, ist "Noah" erstaunlich experimentell. Solche Wagnisse sieht man heutzutage bei einem Budget jenseits der 100 Millionen Dollar kaum noch. Das nötigt mir mal wieder Respekt für den Regisseur ab. Retten kann das den Film zumindest teilweise und macht ihn alleine zum Studieren und Überraschenlassen sehenswert. Bilder wie die Montage der Entstehungsgeschichte oder ein Berg voller Menschen während der Sintflut, sind einfach zu groß um sie zu vergessen oder um in einem durch und durch schlechten Film zu sein. Eyecandy gelingt, zudem ist das überlange Epos grandios besetzt. Vor allem Crowe verdient fünf Sterne. Doch leider reißt das ambitionierte Projekt mit seinem Hintern Vieles wieder ein, was er sich vorne kreativ aufgebaut hatte. Sei es durch kleine Ärgernisse wie CGI-Babies, mittelgroße Logiklöcher oder einfach die fehlende Bindung zu den Figuren. Wiedermal hat Aronofsky einen höchst polarisierenden Film geschaffen. In dieser Hinsicht enttäuscht er nie. Leider hat er mich persönlich bei dieser Sintflut in nahezu allen anderen Belangen nass gemacht und kalt gelassen. Da helfen selbst ein paar überlebensgroße Bilder nicht, die dem meistverkauften Buch aller Zeiten Ehre machen. Steinbeißers Erben machen dies im Alleingang zu nichte...
Fazit: weder für wetterfeste Katholiken noch für teflonbeschichtete Atheisten. "Noah" sieht hübsch aus und ist mutig, im Endeffekt jedoch eine ziemlich große Katastrophe. In weiten Teilen feinster Big Budget-Trash, der viel will und wenig auf die Reihe kriegt. Geht baden! Oder doch nur missverstanden?