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„Schiff versenkt"

Bibelstoffe sind wieder in Mode. Ob es an den spätestens mit "Gladiator" offensichtlich gewordenen digitalen Möglichkeiten liegt, dass monumentale Stoffe wieder finanzierbar sind, oder ob eine gesellschaftliche Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Geschichten angesichts einer unübersichtlichen Terrorismusbedrohung dafür verantwortlich zeichnet, der Trend ist definitiv augenscheinlich.

Weihnachten jedenfalls wird Epos-Profi Ridley Scott Moses auferstehen lassen und sich damit mit dem Urvater aller Monumentalschinken messen dürfen: Cecil B. DeMilles „Die Zehn Gebote". Der eher für sperrige Stoffe bekannte Darren Aronofsky hatte es da etwas leichter, als er sich unlängst an eine zumindest filmisch deutlich weniger mythenumrankte Bibelfigur heranwagte: Noah. Für die Titelrolle konnte er mit Russell Crowe auch noch den modernen Charlton Heston des Historienfilms gewinnen, so dass die Vorzeichen insgesamt auf freudiger Erwartung standen.

Genützt hat es leider wenig, denn Aronofsky hat sich mit seinem ersten Megaprojekt gewaltig verhoben und eine in jeder Hinsicht unausgegorene Bauchlandung hingelegt. Zwar versucht er sowohl visuell wie auch narrativ einen eigenwilligen Weg einzuschlagen, verrennt sich dabei aber in unfreiwillige Komik und allerlei Platitüden. Schon der Beginn, bei dem er in einer Mischung aus Schattenspiel und knalligen Pappaufstellerspielereien die Geschichten von Adam und Eva sowie Kain und Abel abhandelt, sorgt für garantiert unbeabsichtigte Lacher. Auch die Idee Noah und die bösen Nachkommen Kains sowohl optisch wie dramaturgisch augenscheinlich in die Nähe von Kevin Costners „Waterworld" zu rücken, wirkt reichlich deplatziert. Alles sieht mehr nach einer wilden Mixtur aus Fantasy- und Endzeitszenario, als nach einem zumindest halbwegs glaubhaften, alttestamentarischen Setting aus.

Der Fokus liegt auch kaum auf Religion, sondern vielmehr auf der inneren Zerrissenheit Noahs, der zwischen der Loyalität gegenüber seiner Familie und dem Auftrag die Schöpfung zu retten hin und her gerissen ist. Es ist einzig Crowes Präsenz und Ausstrahlung zu verdanken, dass dieser mit plattesten Dialogphrasen unterminierte, wenig originelle Ansatz nicht vollends in den Sintfluten der Apokalypse untergeht. Dazu wird Crowe sträflich allein gelassen, da weder Jennifer Connelly als seine Frau, noch Emma Watson als seine Ziehtochter als eigenständige, halbwegs interessante Charaktere funktionieren und bloße Staffage bleiben.

Der größte Flop sind allerdings die zu mächtigen Steinriesen mutierten Erzengel, die Noah beim Bau der Arche unterstützen. Sie sollen wohl vornehmlich die riesige „Herr der Ringe"-Fangemeinde anziehen, was spätestens dann offensichtlich wird, als sie durch ein Heer angreifender Bösewichte pflügen, die sich auf Noahs Arche retten wollen. Ein lächerlicher, blöder Einfall, der die ganze Unausgegorenheit und Planlosigkeit des Projekts schmerzlich auf den Punkt bringt.

Dazu passt dann auch, dass die Arche wie ein hölzerner Riesen-Container aussieht, dem man keine 10 Sekunden Schwimmtauglichkeit zutraut. Die Ankunft und Verteilung der verschiedenen Tierrassen wird schließlich angesichts des Budgets und dem für die Geschichte eigentlich zentralen Stellenwert ernüchternd unspektakulär und beiläufig abgehandelt. Auch hier ist Aronowsky wieder an der falschen Stelle eigenwillig und setzt die falschen Akzente. Am Ende bleibt man ratlos zurück und fragt sich ernsthaft, was dieser Film eigentlich will, geschweige denn soll.
Für einen Monumentafilm zu unspektakulär und unepisch, für eine Charakterstudie zu platt und oberflächlich und für eine gewitzte Neuinterpreation eines klassischen Stoffes zu inkonsequent und belanglos. Schade auch für Ridley Scott. Denn hätte der terminlich verhinderte, aber von Aronofsky eigentlich favorisierte Christian Bale angeheuert, wäre Crowe für seinen väterlichen Regie-Freund frei gewesen. Und wer außer Russell Crowe hätte sich mit Charlton Hestons Moses auf Augenhöhe messen können? Diese Arche hätte gut und gern auch der deutlich uncharismatischere Bale versenken können.

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