kurz angerissen*
Eine Verfilmung der biblischen Geschichte um den Bau der Arche Noah könnte unzählige Gestalten annehmen. Sie könnte die Vorlagentreue zum obersten Ziel erklären (sei es auf das Alte oder das Neue Testament bezogen), sie könnte einen meditativen Charakter annehmen oder, des Flutwellenspektakels wegen, zum Blockbuster umfunktioniert werden.
Darren Aronofsky probiert ein bisschen von allem aus, doch wie von ihm nach „The Fountain“ zu erwarten, steht in seinem Zentrum ein mythologisch-naturalistischer Ansatz. Glaubensfragen im theologischen Sinne verbannt er in den Hintergrund, was den positiven Nebeneffekt hat, dass den (unter Garantie natürlich trotzdem unvermeidlichen) Diskussionen aus dem religiösen Lager der Wind aus den Segeln genommen wird.
Aronofsky interessiert sich mehr dafür, Legendenbildung direkt erfahrbar zu machen. Er bebildert – ähnlich wie Ridley Scott im Prolog zu „Prometheus“ - eine Welt, die einerseits völlig anderen Gesetzen unterliegt als die unsere, aber dennoch ganz und gar die gleichen Ureigenschaften besitzt. In vielen Nahaufnahmen werden Grashalme, Stein und Holz, Windbewegungen und Schaumkronen auf dem Wasser gezeigt, jene Baueinheiten eben, aus denen auch unsere Realität besteht. Dadurch entstehen pantheistische Eindrücke, insbesondere, insofern Aronofsky zugleich ein psychologisches Portrait Noahs entwirft, das völlig offen lässt, ob es sich bei dem von Russell Crowe gewohnt rustikal verkörperten Familienoberhaupt tatsächlich um einen Gottgesandten handelt oder einen Mann, der schlichtweg den Verstand verloren hat, weil er die Zeichen der Natur falsch interpretierte.
Diese prinzipiell interessante Lesart schlägt allerdings um, wenn Engelwesen aus Licht und Stein den Bildschirm bevölkern und unangenehme Assoziationen zu Michael-Bay-Robotern erzeugen. Ohnehin ist der sonst so prägnante Stil Aronofskys aus Verwaschenem und Verschmutztem zum Teil überdeckt von austauschbaren Blockbuster-Konventionen, die er eigentlich gar nicht umsetzen will; anderenfalls hätte er einen Teil des Psychodramas in der zweiten Hälfte Katastrophenfilm-Gigantomanie opfern können, was jedoch nicht geschieht. So ist „Noah“ trotz der interessanten Ansätze im Detail von einer inkonsequenten Inszenierung geplagt. Bescheidenere, theaterähnlichere Produktionsumstände hätten diesem Regisseur wohl besser in die Karten gespielt.
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