Der blinde, verbitterte Vietnam-Veteran Ambrose McKinley wird von seinem Sohn, mit dem er sich kaum noch versteht, in der Ruhestandssiedlung Crescent Bay abgeliefert, in die man sich zum Sterben zurückzieht. Und bereits in seiner ersten Nacht schlägt der Tod in Form eines umherstreifenden Werwolfs zu: eine Nachbarin wird auf grausame Weise ermordet, Ambrose selbst brutal überfallen und sein Blindenhund abgeschlachtet. Der alte Army-Kämpfer will dies natürlich nicht so einfach hinnehmen sondern macht sich bis zum nächsten Vollmond auf die Suche nach der Bestie…
Das nenne ich doch mal einen originellen und interessanten Ausgangspunkt: ein blinder, kauziger „Held“, dazu noch Rentner mit Charles-Bronson-Allüren, und als Ort der Handlung nicht etwa ein Heim für junge, knackige StudentenInnen sondern ein Altersruhesitz für offenbar Betuchte. Und wer die Filme von Adriàn García Bogliano kennt („Here Comes The Devil“), der ahnt dann auch ziemlich früh, dass ihn mit „Late Phases“ nicht unbedingt ein lupenreiner Werwolf-Film erwartet, was durch die erste Sichtung des Monsters, welches mit seinen Puschelohren eher plüschig als furchteinflößend wirkt, noch unterstrichen wird. Nein, der erfrischend anders als gedacht daherkommende „Late Phases“ ist eigentlich ein gleichsam berührendes wie unkonventionelles Drama, das es erst einmal zu erkunden bzw. zu erschließen gilt (für den Mut, selbstbestimmtes Sterben mittels eines Genrefilms zu thematisieren, und für die nachdenklich stimmende Umsetzung gibt es ****!) und bei dem der Werwolf-Anteil nur marginales Beiwerk zu sein scheint (mit Horror-Buff-Augen betrachtet wohl nur mit Müh und Not ***). Überhaupt wird hier mehr Wert auf eindringliche schauspielerische Leistungen gelegt als auf das Zurschaustellen neuester Tricks und CGI-Gimmicks. Das bereits beschriebene Werwolf-Kostüm, die paar (wenigen) bluttriefenden Old-School-Effekte und eine an „American Werewolf“ gemahnende Verwandlung sprechen eine deutliche, angenehm altmodische Sprache. Wer den visuellen Schnickschnack einer auf Hochglanz polierten Major-Produktion sucht, ist hier ebenso fehl am Platze wie der, der auf eine (weitere) ironische Brechung des eigentlich schon klassisch zu bezeichnenden Stoffes wartet. Nein, Bogliano beugt sich auch dieses Mal keinen Konventionen, lässt das Ganze weit weniger attraktiv vor dem Auge des Betrachters vorbeiziehen als gedacht (und vor allem auch möglich), schielt keinesfalls nach billigem Cash-In und entscheidet sich für den steinigen Weg des Ein-Film-zum-Nachdenken-darf-auch-mal-erst-auf-den-zweiten-Blick-unterhaltsam-sein. Bildformat: 2,35:1. Mit Nick Damici, Lance Guest, Rutanya Alda, Tom Noonan u. a.
© Selbstverlag Frank Trebbin