Review
von Leimbacher-Mario
Der mit dem Wolf schwanzt
„Der Samurai“ hätte unendlich viel mehr Aufmerksamkeit und Respekt (gerade hier im Heimatraum) für alle Beteiligten nach sich ziehen müssen. Zumindest hätte er das verdient gehabt. Aber Genre + Arthouse + knifflige, polarisierende Metaphorik ist hierzulande leider gleich oft genug völlige Irritation bis Verachtung. International hat Till Kleinert mit diesem krassen Kopfkino schon mehr Beachtung und Verehrer gewonnen - und dennoch meiner Meinung nach nicht genug. Denn „Der Samurai“ kommt einem modernen Meisterwerk - verspielt und brutal, ambivalent und düster, fordernd und lohnenswert, atmosphärisch und anders, wichtig und mutig - schon verdammt nahe...
Erzählt wird in dem frechen, kaum zu kategorisierenden Genremix von einem jungen Dorfpolizisten an der deutsch-polnischen Grenze, der sich mit Wolfsangriffen herumschlagen muss. Doch das ist noch gar nichts, denn ein unansehnlicher, mysteriöser Mann in Frauenkleidern mit einem Samuraischwert (!) macht schon bald die Nacht zum blutdurchtränkten Tag... „Der Samurai“ ist sicher nicht super einfach zu deuten, alles andere als Mainstream und wahrscheinlich nicht genau das, was einige Zuschauer bei der Inhaltsangabe erwarten. Er ist schon verkopft und punktet eher bleibend durch seine untergründigen Werten und Stärken als seine Geschichte. Doch das Gesamtpaket und die geistige wie emotionale Investition in dieses ist dennoch aller Ehre wert und besitzt viele Alleinstellungsmerkmale. Erst recht für den deutschen Film. Die Atmosphäre ist dicht, die Darsteller spielen aufopferungsvoll, einige Szenenübergänge sind edel, die Beleuchtung ist fein, die dressierten Wölfe machen was her. Es gibt Horror genauso wie schwarzen Humor. Der Score tönt gut auf und bleibt im Ohr. Das Thema, die inneren Konflikte, die Gewalt, der Ausbruch aus der Norm, die rohe Kraft in diesem Werk - all das macht „Der Samurai“ öfters zum Zungeschnalzen als zum Kopfkratzen für Cineasten mit Grenzerfahrungsdrang. Außergewöhnlich.
Fazit: ein deutschsprachiger, metaphorischer Ausnahmekrimi, der heraussticht zwischen gallig, genre'ig und grenz-arthousig. Schwarz wie die Nacht, poetisch wie ein Gedicht aus Beton, mysteriös wie ein exotischer Tanz ums Feuer. Knackig, nackig, zackig. Mit Hirn, Wahn und Kanone. Schwertscharf!