Die junge Susan ist frisch verheiratet und verbringt die Flitterwochen auf dem Landsitz ihres Ehemanns. Dort erfährt sie von der kleinen Carol, der zwölfjährigen Tochter der Bediensteten, mehr über die gruselige Historie seiner Familie. Vor 200 Jahren wurde nämlich einer der Vorfahren ihres Mannes während der Hochzeitsnacht von seiner Frau erstochen, weil diese die perversen Sex-Spielchen ihres Gatten nicht mitmachen wollte. Dummerweise ist auch Susans Mann ein echt potenter Hirsch, was der eh schon recht labilen und schüchternen Frau ziemlich zusetzt. Die im Verbund mit den gruseligen Storys auftretenden Alpträume, in denen ihr die besagte Mörderin erscheint und sie auffordert, ihren Angetrauten umzubringen, verwundern da wirklich keinen mehr, am allerwenigsten den hinzugezogenen Arzt. Als dann aber eines Tages die mysteriöse Mircalla auftaucht, die der Frau aus Susans Träumen zum verwechseln ähnlich sieht, beginnt auch der Ehemann misstrauisch zu werden. Jedenfalls steht Susan schon bald unter dem Bann der Fremden, die allem Anschein nach eine waschechte Vampirin zu sein scheint… Diese sehr, sehr lose Adaption von Sheridan Le Fanus bereits oft verfilmter, klassischer Schauer-Novelle „Carmilla“ hat zweifellos die Zeichen der Zeit erkannt und bringt den leisen Schrecken und die subtile Erotik der Vorlage demnach im Sinne des mediterranen Genre-Kinos der 70er recht vordergründig, um nicht sogar zu sagen exploitativ, auf die Leinwand. Was das immer wieder gern gesehene Subgenre rund um lesbische Vampire angeht, bewegt sich Vicente Aranda mit seinem stimmungsvoll inszenierten und in durchweg schöne Bilder gekleideten „The Blood Spattered Bride“ allerdings auf einem höheren filmischen Niveau als die üblichen Vertreter ihrer Sparte aus den Händen Jean Rollins oder Jess Francos. Gerade der wesentlich bekanntere „Vampyros Lesbos – Die Erbin des Dracula“ kann technisch gegen die beachtlichen Production Values, die die hervorragende Fotografie und die edel anzusehenden Schloss-Kulissen liefern, nicht wirklich anstinken. Die dick aufgetragene Symbolik kennzeichnet das Ganze zwar unumwunden als feministisch angehauchte Allegorie über den ewig andauernden Krieg zwischen den Geschlechtern, jedoch hat man es gepackt, der auf mehreren Ebenen funktionierenden und psychologisch ausgefeilten Handlung einige überraschend heftige Splatter-Effekte gegenüberzustellen, die auch heutzutage noch ganz schön harter Stoff sind. So manche alptraumhafte Szene schwelgt da geradezu im Kunstblut und die detaillierten On Screen-Kastrationen hat allem Anschein nach auch nicht erst Eli Roth mit seinem „Hostel 2“ salonfähig gemacht. Regisseur Aranda, der auch das Drehbuch geschrieben hat, balanciert den größten Teil der Laufzeit auf dem schmalen Grad zwischen Phantasie und Realität, was die Schilderung der übernatürlichen Vorkommnisse anbelangt, und hält den Zuschauer somit permanent auf Augenhöhe mit der Protagonistin. Gerade durch die Ambivalenz der Erzählung und die stimmungsvollen, ruhigen Aufnahmen hält die Angelegenheit lange eine Art innere Spannung aufrecht. „The Blood Spattered Bride“ überzeugt dabei sowohl als vordergründiger Vampir-Gruseler wie auch als tiefschürfendes Psychogramm der Hauptfigur, das aus einem dezidiert weiblichen Blickwinkel erzählt wird (man beachte, dass keiner der Männer im Film je beim Vornamen genannt wird!). Dass dem Ausbruch aus dem patriarchalischen Gesellschafts-Gefüge zum Ende hin dann aber doch kein Erfolg vergönnt ist, liegt wohl auch am im Entstehungs-Land vorherrschenden Machismo, oder ganz einfach an dem Drang des Genres nach einem möglichst schockierenden Finale. Obwohl der Streifen angemessen sexy ist und die attraktiven Darstellerinnen wenig prüde aufspielen, hebt er sich durch die intelligente Verwendung sexueller Metaphern (von denen der Titel sicherlich die überdeutlichste ist, denn die „blutbefleckte Braut“ kommt nicht nur als Key-Visual im Film selbst vor, sondern steht logischerweise auch für die Entjungferung während der Hochzeitsnacht) doch weit von den üblichen Soft-Pornos ab... und bei genauerer Betrachtung kommt dieser Vampir-Lesben-Streifen im Endeffekt sogar gänzlich ohne Lesben-Sex aus. Wie bizarr. In dem Punkt kann er also nicht an José Ramón Larraz’ „Vampyres“ anknüpfen, ansonsten steht er mit diesem wohl besten Vertreters seiner Gattung jedoch gleichauf. Ergo kein plumpes Schmuddel-Kino, sondern ein durchweg vollwertiger Horrorfilm mit allem Drum und Dran.
9/10