Theoretisch die nur konsequente Weiterführung einer Reihe von Tendenzen, die Regisseur Dante Lam und sein bevorzugter, regulärer Autor Jack Ng ab Anfang diesen Jahrtausends mit Hit Team (2001) schon begonnen, und dann vermehrt ab 2008 und folgend in gleich fünf weiteren Arbeiten weitergesponnen haben. Eine Reihe von zuweilen melodramatischen, übereffektiven crime thriller, in denen der Polizist auf der eine Seite nicht nur gegen den Kriminellen auf der anderen Seite kämpft, sondern sich in diesem Kampf und dem Bestreben quasi mit dem Konterpart vereint. Teils um sich gegen einen gemeinsamen Feind zu stellen, teils weil man sich als Undercover bald nicht mehr von Richtig und Falsch unterschieden kann und im Strudel der Gewalt unter die Räder gerät (Stool Pigeon, 2010), der Korruption (Fire of Conscience, 2010) oder der Verlockung der Selbstjustiz anheimfällt (The Sniper, 2009) oder nur noch für den ein einzigen Augenblick der Gefangennahme des direkten Gegenüber lebt (Beast Stalker, 2008). War es in der letzten dieser Arbeiten, The Viral Factor (2012), die Blutsbrüderschaft, die die beiden im bisherigen Leben so unterschiedliche Richtungen und Bahnen einschlagenden letztlich untrennbar miteinander vereint, so ist es diesmal die Wahrnehmung und Verzerrung der Persönlichkeit und das auslösende Moment einer Bluttransfusion, die auch zwei Existenzen eine Ko-Existenz zueinander schafft. Ein Nachtmahr aus Vandalismus und Masochismus, psychologisch bis übernatürlich angehaucht und insgesamt schizophren:
Nach einem bewaffneten Raubüberfall inklusive einem Feuergefecht auf den Straßen wird Hon Kong a.k.a. "Demon King" [ Nick Cheung ], der Anführer der Gaunerbande von der Polizei unter Leitung des altgedienten Senior Inspector Mok Chi-fan [ Dominic Lam ] bis zu seiner Wohnung verfolgt. Hon kann zwar dem Zugriff ein weiteres Mal entfliehen, erleidet dabei aber einen schweren Verkehrsunfall, der in der anschließenden Operation auch die Transfusion der seltenen Blutgruppe Null Negativ bedarf. Zum Glück erklärt sich unabhängig von dem Wissen der Herkunft des Opfers der Streifenpolizist Dave Wong [ Daniel Wu ] schnell zur Spende bereit, was ihm allerdings Vorwürfe von Mok und seiner Eingreiftruppe, darunter der rechten Hand Ben Chan [ Andy On ] einbringt. Da Hon nach rascher Genesung auch aus dem Krankenhaus entfliehen kann und seine Beutezeuge mit den Mannen "Broker" [ Liu Kai-chi ], "Effigy" [ Lee Kwok-lun ], "MC" [ Stephen Au ], "Undertaker" [ Lau Wai-ming ] und "Rookie" [ Samuel Leung ] weiterführt, macht sich der einfache Cop ebenso Vorwürfe, wie dessen Welt innerlich und äußerlich sowieso zunehmend zusammenzubrechen scheint. Besorgt erkundigt sich seine Vorgesetzte Liz Kwok [ Christie Chen ] bei ihrer Schwester, der Psychotherapeutin Stephanie [ Astrid Chan ].
Unterschiedlich im Stil gehalten, was die zunehmende Gewissheit in der Inszenierung von Dante Lam immerhin gewahrsam und zugutehaltend für die über die Jahre gewonnene Kompetenz macht, wird auch hier ein neues Mittel vom Erzählen derlei Geschichten, eine andere Tonart mit neuen Stärken, aber auch neuen Schwächen ausprobiert. Ursprünglich als Demon Cop in die Produktion gegangen, wird hier über manche Strecken auch das Spiel mit dem Horror, der Ungewissheit von Wahren und Unwahren und der Realität und der Fiktion, der gestörten Beobachtungen und beeinflussten Gefühle ausprobiert. Vorher vermehrt direkte, präzise geortete Geschehen, die eindeutig Raum und Zeit, und Vergegenwärtigung und Erkenntnis zuordenbar waren; hier eher Differenzen im Ablauf, die die Fragen nach der richtigen Besinnung und dem jeweiligen Wachzustand der Personen aufwerfen und Ungewissheit mit in das Handlungszentrum stellen.
Sequenzen von Albträumen wechseln sich ebenso ab wie die Kognition der Figuren und die Rezeption des Zuschauers auf die Waage gestellt werden; auch wenn das ganze Geschehen scheinbar auf den Straßen Hong Kongs, dort vornehmlich mit Gewaltausbrüchen und Verfolgung und Observation, und in dessen naher Umgebung und im Hier und Heute spielt. Nach außen hin zum Teil der gewohnte Thriller im kriminellen Milieu, mit dem altgedienten Veteranen auf der Habenseite der Polizei ebenso wie mit dem Doppelläufer, der zwar die Dienstmarke trägt, aber die Hand aufhält und für die Gegenpartei tätigt ist, auch die verständnisvolle Vorgesetzte, der eher untätige Schutzmann, der von allen Anderen argwöhnisch beobachtete Außenseiter und ständig von Revier zu Revier versetzte Sonderling dürfen in der Konstellation der Personen, die zudem mit Stammbesetzung gefüllt ist nicht fehlen. Dazu ein paar Standardplots um Raubüberfälle und dem anschließenden Streit der Verbrecher um die Beute, die plötzlich das Zentrum der Erzählung einnimmt und dort auch etwas hängt.
Überhaupt ist die Idee der Vermischung der Aufnahmefähigkeit, des Interesses und des Begreifens vom bisherigen by-the-book Polizisten mit den Idealen des Gangsters erst einmal willkommen, die Optik wie gehabt edel, hier gar noch farblich deutlicher hervorgehoben und mit Licht und Schatten und Affekten wie dem psychologischen Rot für Leben und Gefahr und Gewalt erhaben gelöst, hält der Inhalt dabei aber nicht mit. Selbst abseits all der Wahrscheinlichkeit, die nicht unbedingt in diesem Areal auch etwas zu suchen hat, wenn man sich auf eine kakophonischen Reise in die Verkrümmungen der Seele, die Abweichungen der menschlichen Natur und die Verirrung im eigenen Dasein begibt, streicht die Geschichte nach ersten Aufmerksamkeiten plötzlich etwas ziellos umher. Anfangs mit deftigen Schießereien inmitten der Innenstadt, dem verzweifelten Ducken hinter zerstörten oder gar gleich explodierenden Autos und dem Entleeren der Patronenkammern in die Straßenschluchten hinein belebt, dann gleichsam griffig mit dem Gegensatz einer vollkommenen Isolation in den eigenen fremden vier Wänden kontrastiert und konterkariert, und auf einmal das Katz-und-Mausspiel um das Plündergut und das Ausschalten der Schablonen der übrigen Gauner betrieben.
Zusätzlich ist der beste Darsteller bald aus dem Bild und weg, während Daniel Wu die Funktion des zu Beobachtenden eher steif, mit langem Gesicht und so monoton wie der korrekt gescheitelte Haarschnitt übernimmt, während die Anderen am Rande entweder vernachlässigt oder auch blutarm und farblos präsentiert werden. Eine etwas vertane Chance der Zeichnung einer in der Leere gestrandeten Seelenpein; eines Einzelwesens, die nur die Sicherheit sucht, aber von Anbeginn an die Möglichkeit dazu genommen bekommt, auch des Porträts einer wahrhaft dämonischen Unterwelt, die in Angst und Schrecken versetzt und gleichzeitig Wert auf Tradition und Zeremonie legt.