Review

Erik (Jürgen Vogel) hat auf dem Land ein neues Leben begonnen. Seine Motorradwerkstatt läuft gut und er genießt das Glück mit seiner neuen Freundin Julia (Petra Schmidt-Schaller) und ihrer kleinen Tochter. Doch dann tritt plötzlich ein Fremder (Moritz Bleibtreu) in Eriks Leben und weicht ihm fortan nicht mehr von der Seite. Doch außer Erik kann niemand den Kapuzenträger sehen…

Zugegeben, ganz neu ist die Geschichte vom großen Unbekannten, den nur der Protagonist sehen kann, nicht. Siehe Henry Kosters „Mein Freund Harvey“ (1950), „Fight Club“ (1999) von David Fincher oder Bruce A. Evans’ „Mr. Brooks – Der Mörder in Dir“ (2007). Doch der Berliner Regisseur Maximilian Erlenwein (geb. 1975, „Schwerkraft“ 2010) scheut keine großen Vorbilder und zaubert mit geballter Filmförderung und Unterstützung des ZDF einen Thriller auf die Leinwand, der den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Erlenwein gönnt Erik nur einen kurzen Moment Familienglück, dann taucht schon der Große Unbekannte auf, erst auf dem Dach eines Campers, dann im Feld vor Julias Haus, immer und immer näher, bis er schließlich im Schlafzimmer zugange ist. Schon nach wenigen Minuten ist klar, dass er der Phantasie des Handlungsträgers entsprungen ist, was die Spannung aber nur steigert. Und auch Erik ist Geheimnisträger, hat keine strafrechtliche Vergangenheit und trotzdem mit dicken Lettern „Halunke“ auf seinem Unterarm tätowiert. Vieles ist nicht so, wie es scheint, inhaltlich, wie formell, denn wo anfangs ein Hauch Mystery durch den Film weht, erweist sich „Stereo“ später als knallharter Psycho-Thriller, der in ein brutales Finale mündet, das an „Only God Forgives“ (2013) erinnert. Maximilian Erlenwein könnte der deutsche Nicolas Winding Refn („Drive“ 2011) werden, wenn nur genug Zuschauer den Weg ins Kino finden. Gute Gründe sind neben der meisterlichen Inszenierung, der tollen Atmosphäre und dem nervenzehrenden Elektrosound großartig spielende Darsteller, wie Moritz Bleibtreu („Die Vierte Macht“ 2012), Petra Schmidt-Schaller („Sommer in Orange“ 2011) und Georg Friedrich („Über uns das All“ 2011) als Obergangster mit Klumpfuß und penetrantem Wiener Akzent. Alle überragt aber Jürgen Vogel („Kleine Haie“ 1992, „Das Leben ist eine Baustelle“ 1997, „Hotel Lux“ 2011) der in der Rolle einer zerrissenen Persönlichkeit eine der besten Leistungen in seiner an Höhepunkten nicht armen Karriere bietet. (8,5/10)

Details
Ähnliche Filme