Ein Fremder aus Übersee kommt in ein finsteres Tal in Tirol und wird dort alles andere als herzlich empfangen. Manche begegnen ihm feindselig, andere misstrauisch und viele raten ihm, gleich wieder kehrt zu machen. Doch er lässt sich nicht abbringen, vordergründig will er Fotografien anfertigen, doch in Wahrheit sinnt er auf Rache ...
Der Trailer versprach eine Art Western im österreichischen Setting und ja, genau das bekommt man auch, wenn sich den Film dann schlussendlich ansieht, was im ersten Moment etwas irritieren mag, zumindest ging es mir so. Tatsächlich lässt der Film kaum ein Klischee des amerikanischen Western aus: eine entlegene Ortschaft. Grimmige Menschen, die nur das sagen, was sie zu sagen haben und Fröhlichkeit anscheinend niemals gekannt haben. Einen mächtigen und einflussreichen Hofbesitzer, der die Einwohner mithilfe seiner ihm ergebenen Söhne und ruchloser Methoden unterdrückt. Langsame Kameraschwenks in ruhigen Momenten, Zeitlupe bei Schießereien, unheilverkündende musikalische Untermalung. So wird also keinen Hollywood-Klischee ausgelassen, auf der anderen Seite auch kein österreichisches bemüht, kein Edelweiß, keine Lederhosen, nur ein Jauchzer auf einer Hochzeit, der allgegenwärtige, jedoch zurückhaltende Dialekt und die verschneiten Berge, die teils wie stumme und ebenso gleichgültige Beobachter des Geschehens wirken. Ich habe mich mehr als einmal gefragt, wie viel österreichischer Film in "Das finstere Tal" eigentlich noch steckt.
An Greiders Akzent muss man sich gewöhnen, er störte mich nicht unerheblich und ich frage mich, weshalb es ausgerechnet ein Fremder aus Amerika sein musste, ich vermute, dass dieser Umstand einer Vermarktung im ursprünglich Reich des Westerns entgegenkommen dürfte; aber wie gesagt fallen nicht viele Worte und so stören auch die teils gezwungen grimmig klingende Aussagen Greiders nicht weiter. Der Film macht also abgesehen vom österreichischen Setting nicht viel neu, die Story ist vorhersehbar und wirkt ebenso abgekaut und ausgemergelt und auch die Inszenierung wirkt vertraut, ich glaubte, vieles schon mal in der einen oder anderen Weise gesehen zu haben. Aber ich fand den Film toll.
Die besten Ideen, Kameraschwenks und ähnliche Stilmittel zünden nicht, wenn das fertige Machwerk als Ganzes nicht zusammenpasst, doch in diesem Film, der so viel Vertrautes miteinander vermischt, passt die Komposition von Anfang bis Ende, jedes Teilstück fügt sich zu einem harmonisch wirkenden Film, keine Szene ist zu viel und auch die Musik, ebenso bekannt wie hervorragend, fügt sich in das Gesamtbild ein, so dass ich sagen möchte, dass die viel gerühmten und prämierten Coen-Brüder den Film nur auf Englisch hätten drehen, aber kaum besser machen können; teils habe ich auch den Eindruck gewonnen, dass ihre Werke für diesen Film Pate gestanden sind, nicht zuletzt aufgrund der vielen brutalen Szenen, die Kamera zeigt viele der blutigen Gräueltaten - recht interessant fand ich auch die letzte große Schießerei, die fast einer Szene aus "Full Metal Jacket" gleicht, nur aus einem anderen Blickwinkel - Zufall oder gekonnter Zynismus?
Im Endeffekt wird das Werk mit einer derartigen Wucht inszeniert und von sehr guten Darstellern getragen, dass es trotz der zahlreichen, ruhigen Passagen zu fesseln vermag, sogar so sehr, dass ich das Ergebnis höher einstufe als beispielsweise "True Grit" und ja, vielleicht ist es ein österreichischer Film in österreichischen Gefilden, aber für mich ist "Das finstere Tal" einer der besten und eindringlichsten Western, die ich jemals gesehen habe - er macht wenig neu, aber gleichzeitig so vieles besser als andere Filme und ich kann ihn nur empfehlen.