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Die 17jährige Tina (Carolyn Genzkow) wächst im Berlin der Gegenwart auf: Sie steht kurz vor dem Abitur, hängt mit ein paar Freunden gerne auf Techno-Parties ab und ist in einen Typen verknallt. Als Einzelkind wohnt sie in der Villa ihrer sie umsorgenden Eltern, hat ein eigenes Zimmer und ansonsten keine anderen Sorgen als alle Pubertierenden ihres Alters: Seh ich gut aus, was denkt die Clique über mich und liebt er mich oder doch eine Andere.
Eines Abends aber, als man gemeinsam mal wieder zu lauten Techno-Beats in einem Freibad abhängt, hat sie eine Vision: Ein Handyfoto eines missgestalteten Embrios aus dem Biologie-Unterricht, das ihr eine Freundin gerade gezeigt hatte, scheint Wirklichkeit geworden zu sein: Tatsächlich sieht sie ein solches Wesen im Halbdunkel. Ihre Freunde glauben ihr dies natürlich nicht und führen dies auf zuviel Alkohol zurück, aber in den folgenden Nächten zuhaus sieht sie den titelgebenden Nachtmahr immer wieder auftauchen: Mal räumt er den Kühlschrank aus, mal schmeißt er Sachen im Badezimmer um oder hockt vor dem Fernseher in ihrem Zimmer und wühlt in ihren herumliegenden Klamotten. Zunächst verständigt sie ihre Eltern, doch wenn die kommen, ist der Nachtmahr jedesmal unauffindbar verschwunden. Bis eines Tages...

Die deutsche Produktion Der Nachtmahr ist eine astreine Coming-of-age-Geschichte um die jugendliche Tina - als solche funktioniert sie auch sehr gut, da sämtliche Akteure wie im richtigen Leben spielen und speziell die Hauptdarstellerin jederzeit glaubwürdig ihre verschiedenen Stimmungslagen verkörpert: Die Angst, in der Clique für blöde gehalten zu werden genauso wie der Widerwille, sich einem Psychologen anzuvertrauen, der ihr nur kraft seines Auftrags Glauben schenkt. Während sie mehrere Anläufe unternimmt, ihre beiden besten Freundinnen ins Vertrauen zu ziehen (was aber scheitert) muß sie sich gleichzeitig der gutgemeinten, aber völlig verkehrten Ratschläge und Maßnahmen ihrer an sich verständnisvollen Eltern erwehren, die allen Ernstes überlegen, sie in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen. Tabletten muß sie auch nehmen und dann ist da noch Adam, ihr Schwarm mit violettem Haar auf Krücken, dem sie sich möglichst normal präsentieren will. Dass ihr 18. Geburtstag ansteht und demnächst auch die Abiturprüfungen, macht die Sache nicht unbedingt leichter. Und nachts taucht immer wieder der Nachtmahr auf, den sie sich nicht etwa einbildet, wie man anfangs vermuten könnte...

Das titelgebende Monster hat eine entfernte Ähnlichkeit mit E.T. dem Außerirdischen, was besonders in jener Szene deutlich wird, als das betont langsam und keinesfalls bedrohlich agierende Wesen seinen dünnen Finger nach Tina ausstreckt. Während diese anfangs vor Ekel kotzen muß, entwickelt sie im Laufe der Zeit zumindest eine Art Neugier und später fast schon Fürsorge für das merkwürdige Geschöpf. Kameratechnisch sauber getrickst bietet der behäbig am Boden hinkriechende hellgraue Nachtmahr visuell ohnehin einen ziemlichen Gegensatz zu den oftmals verwendeten grellen Filtern und Neonlichtern und den flippigen, vor allem auf ihr Äußeres bedachten Jugendlichen. Den verkaufsfördernden Knackarsch auf dem Cover hätte es übrigens nicht gebraucht, das hat der Film nicht nötig, abgesehen davon kommt er im Film ohnehin nicht vor.

Leider beinhaltet der Nachtmahr keine wirkliche Auflösung oder Erklärung, was einen breiten Interpretationsspielraum eröffnet - am Ende hat Tina eine Entscheidung getroffen, die ihr einigen Mut abverlangt, sie aber auch zufrieden mit sich selbst macht: Sie hat sich gegenüber ihrem Umfeld durchgesetzt - und das ist schon eine ganze Menge für die gerade 18 Jahre alt gewordene Berlinerin. Mit seinen bewußt eingesetzten, oftmals wuchtigen Techno-Beats ein Film über, vor allem aber für Heranwachsende, dessen Mystery-Anteil - auf ein Minimum heruntergeschraubt - nur als Synonym für das Anders-sein steht. 6,4 Punkte.

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