Nils Dickman ist Schwede. Nils Dickman lebt in Norwegen. Nils Dickman fährt einen Schneepflug. Und das macht er verdammt gut. So gut, dass er als Beispiel für gelungene Integration gilt. Nils Dickman ist ein akkurater und exakt handelnder Mensch. Und als sein Sohn wegen Drogengeschäften getötet wird, da bleibt Nils auch in der Durchführung seiner Rache so akkurat und exakt, wie er das eben in seinem Job und seinem ganzen Leben ist. Vom kleinen Handlanger bis zum großen Boss räumt Nils Dickman auf in Norwegens Unterwelt, und dass er so ganz nebenbei seinen Bruder ans Messer liefert, seine Frau verliert, und einen Bandenkrieg auf den Straßen entfacht? Pff, wichtig ist nur eines. Die Rache …
Wer hätte gedacht, dass nicht nur die Coen-Brüder kleine und skurrile Filme drehen können, sondern dass so etwas auch Europäer können? So ganz ohne intellektuelle Ansprüche oder cineastische Referenzen, rein zum Vergnügen und als schwarze Komödie mit verdrehten Charakteren und unerwartet-absurden Wendungen. So richtig aus dem Leben gegriffen. Wie bei FARGO, nur auf Norwegisch.
Das war die gute Nachricht, doch es gibt auch eine nicht so gute: Irgendwie haut das alles so nicht so richtig hin. Klar, Nils Dickman (allein der Name ist ja schon ein Schenkelklopfer) ist eine Figur so recht aus dem Handbuch für merkwürdige Charaktere, und die ganze Ausgangssituation, dass dieser ordentliche und eifrige Spießbürger in der Unterwelt (die im Übrigen auch nur aus komplett absurden Figuren besteht) aufräumt wie nichts Gutes, könnte schräger und schwarzhumoriger nicht sein. Der berühmte skandinavisch-lakonische Humor tut noch ein Übriges, und schon könnte man meinen, das Ethan Coen und Aki Kaurismäki sich zum gemeinsamen Drehbuchschreiben in einer schwedischen Whiskybar getroffen haben.
Aber, und das ist meine ganz persönliche Meinung, zieht das einfach nicht so wie ursprünglich gedacht. Die Charaktere kommen aus ihrer verschrobenen Ecke nicht so recht heraus, und die merkwürdigen Situationen reihen sich aneinander wie kleine Episödchen, die von verschiedenen Autoren ersonnen und von einem übergeordneten Ghostwriter zusammengesetzt wurden. Womit wir zu genau dem Punkt kommen, der mich schon seit Jahren bei den Coen-Brüdern so stört: Diese aufgesetzte Grundhaltung des Das-muss-jetzt-komisch-sein-und-zwar-auf-Teufel-komm-raus, die auch hier restlos ausgereizt wird. Merkwürdige Charaktere, die merkwürdige Dinge tun und dadurch in merkwürdige Situationen geraten, aus denen sie nur herauskommen, wenn sie alles ganz anders machen als gewohnt, und die Merkwürdigkeiten damit auf die Spitze treiben. Wer FARGO mag oder O BROTHER, WHERE ART THOU?, der kommt auch hier auf seine Kosten, und wahrscheinlich ist EINER NACH DEM ANDEREN auch für genau diese Zuschauer gedreht worden. Wer mit den genannten Filmen allerdings nichts anfangen kann, geschweige denn gar mit den Coen-Filmen der 2010er-Jahre, der sollte auch um diesen Film einen Bogen machen …