Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand (2013)
Ein Film der sich die Floskel 'da wäre mehr drin gewesen' redlich verdient hat, denn von einem fetten Bombenfilm ist er leider ein Stück weit entfernt. Kompromisslos ja, kurzweilig leider nein. Hier und da zünden die trockenen Gaglunten vorzüglich, die Fun-Funken sprühen teils brüllend komisch, eine Lachexplosion bekommt man insgesamt jedoch nicht und ein durchgängiges Feuerwerk der guten Laune sieht anders aus. Nachdem ich nun alle Sprengkalauer durch habe, kommen wir zur zweiten Floskel: 'Weniger ist manchmal mehr'. Erst recht hier. Da wollte man mit aller Macht alles aus der Buchvorlage reinpressen, was nicht bei drei in Bali war. Das überfrachtet den Film, nimmt ihm immer wieder gewaltig die Luft aus dem Rüssel und beraubt ihn seiner Gagdichte und jugendlichen Straffheit.
Der Film begleitet den hundertjährigen Allan. Er hat keinen Bock auf Altersheim, steigt aus dem Fenster und sucht das Weite. Dabei gab es doch gerade lecker Marzipantorte zu seinem Geburtstag, für mindestens 40 Personen, und wer soll das jetzt alles essen? Am Bahnhof gelangt er durch Zufall an einen Koffer mit 50 Millionen schwedischen Kronen, diese aber gehören Obergangster Alan Ford und schon hat der Hundertjährige einen Haufen toll tumber Rocker anne Backe und bald auch einen unheimlich schlauen Kommissar, der außer bis 3 zu zählen nicht viel auf der Pfanne hat und eigentlich immer erst dann auftaucht wenn alles schon vobei ist, und die Flüchtigen längst weitergereist sind. Klingt zunächst ganz witzig, ist es auch. Doch während seiner Flucht, bei der ihn immer mehr zufällige, skurile Bekanntschaften begleiten, wird dem Zuschauer rückblickend, Allans gesamtes, sprengfreudiges Leben um die Ohren gebombt. Seine Geburt, Gorbatchow, Stalin, Russland, kalter Krieg, Einstein, alles drin. Genau diese Momente sind es aber, die dem Film gehörig auf die Lunte treten, ihn wie Marzipan in den Zahnprotesen stecken bleiben lassen und sich für meinen Geschmack nicht gänzlich gelungen in den Restfilm einfügen.
Ohne Frage gibt es auch hier diverse Ulk versprühende Szenen, nicht zuletzt die versuchte Flucht aus einem Gulag. Allan lernt dort den zurückgebliebenen Zwillingsbruder von Albert Einstein kennen. Herbert, dumm wie ein Gummihuhn. Nach einem Jahr gibt Allen es auf ihm seinen simplen Fluchtplan zu erklären, die Unterhaltungen allerdings sind urkomisch. Insgesamt aber ist es dann einfach zuviel des Guten. Ohne diese Rückblicke hätte der Film für mich deutlich besser funktioniert, wäre dann aber der Buchvorlage wohl nicht mehr gerecht geworden. Ich bin sicher, eine komplette Loslösung vom Buch, hätte dem Film gut getan ...
Der Film ist fast Roadmovie, fast Retrospektive, fast Drama, fast Komödie, fast Krimi, aber alles auch nur fast. Von jedem etwas, aber nichts davon wirklich so richtig explosiv. Am Ende hat man zwar insgesamt Spaß an dem Film, viele verrückte Charaktere, einige starke Dialoge, eine knapp ausreichende und gute Portion Fun und schön trockenen Humor, aber ich wiederhole mich am Ende dennoch und sage:
'Hier wäre deutlich mehr drin gewesen'
Fazit: 'Sehenswert' (7) ist er zumindest bei der ersten Sichtung, bei einer zweiten wird er wohl abfallen, 'ganz gut' (6) wäre mir fast zu wenig ... Ach, wie ich diese Notenwertungen hasse ...
6-7 von 10 versprengten Handgranaten ohne Stift