Im Jahr 1975 liegt ein in die Vergangenheit gereister Agent des "Temporal Bureau" undercover als Barkeeper in New York auf der Lauer, um einen kurz bevorstehenden Anschlag des "Fizzle Bomber" zu verhindern, bei dem tausende von Unschuldigen ums Leben kommen werden. Eines Abends betritt ein Fremder namens John die Bar und erzählt dem Agenten seine ziemlich kuriose Lebensgeschichte: John hieß ursprünglich mal Jane, kam als Zwitter zur Welt und wurde erst da zum Mann, als es während der Geburt ihrer Tochter zu Komplikationen kam und die Ärzte ihr ein neues Geschlecht zugewiesen haben, um ihr das Leben zu retten... und von dem Baby, das kurz darauf aus dem Hospital entführt wurde, fehlt seitdem übrigens jede Spur. Der Agent, der ahnt, wen er da vor sich sitzen hat, lauscht Johns/Janes Erzählung gebannt... und unterbreitet ihm schließlich einen schicksalhaften Vorschlag... "Dein Stammbaum is'n Kreis! - Der Film". Anders und unspektakulärer, aber nicht minder brillant als ein Paul Verhoeven bei "Starship Troopers" nehmen sich die australischen Spierig-Brüder mit ihrem "Predestination" einer Vorlage von Robert A. Heinlein an und bringen das Kunststück fertig, den ziemlich verkopften Inhalt der zugrunde liegenden Kurzgeschichte "All You Zombies" nicht nur verlustfrei in eine anderes Medium zu übertragen, sondern diesen im Sinne einer filmischeren Adaption auch noch sinnvoll zu ergänzen, ohne an dem verzwickten Story-Kunstrukt herumzupfuschen oder das Ganze für die maximal breite Publikumswirksamkeit irgendwie runterzudummen. Das Ergebnis ist dann auch einer der intelligentesten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre, der nicht den Fehler begeht, sich an überbordenden Spezial-Effekten zu verheben, die man mit dem beschränkten Budget sowieso nicht vernünftig umsetzen könnte, sondern stattdessen klein und unscheinbar daherkommt, aber dafür doch umso nachhaltiger wirkt. Jedes Wort zuviel über "Predestination" zu verlieren verbietet sich da mal wieder, denn jeder Zuschauer sollte die Möglichkeit haben, dieses bislang leider unter dem Radar geflogene Genre-Juwel - am besten ohne jegliches Vorwissen! - für sich selbst zu entdecken. Das zentrale Paradoxon, das dem aus James Camerons "Terminator" nicht unähnlich ist, aber dort nur als Bei-Produkt einer vornehmlichen Action-Handlung ein wenig Gedankenfutter geliefert hatte, wird hier gnadenlos in den Fokus gerückt und gerät zum Dreh- und Angelpunkt der ganzen Angelegenheit, an dem man sich noch lange nach dem Abspann die Hirnwindungen verknoten kann. Und obwohl er eigentlich nur ein kleiner B-Film ist (der allerdings, das muss man erwähnen, wie schon die vorhergehenden Streifen der Spierig Brothers "Daybreakers" und sogar die frühe Home Made-Fingerübung "Undead" wieder sehr gut aussieht!), entpuppt sich der Streifen aufgrund der phänomenalen Performances seiner Hauptdarsteller Sarah Snook und Ethan Hawke (der bei der Wahl seiner Rollen auch weiterhin nicht auf Nummer sicher geht) doch tatsächlich als großes Schauspiel-Kino... wer hätte das gedacht? Kurzum, bei "Predestination" handelt es sich schlicht um den besten Zeitreisefilm seit mindestens "Frequency", wenn nicht sogar seit "Zurück in die Zukunft"... und auch so einen aufgeblasenen Quatsch wie "Looper" und "Tenet" schlägt er auf diesem Terrain für meinen Geschmack wirklich um Längen. Genial!
9/10