"Bist du ein guter Junge gewesen?"
Bad City ist - wie es der Name verspricht - ein verkommener Ort. Industrieanlagen prägen die Landschaft, an einer Böschung werden Leichen entsorgt, um die sich niemand schert, an einem Zaun steht eine Transsexuelle, die auf Kunden zu warten scheint, ein kleiner Junge streift einsam und ziellos umher. In diesem vollkommen trostlosen Ort lebt auch Arash, der mit seinem Thunderbird und Look daherkommt wie James Dean. Er lebt mit seinem drogensüchtigen Vater zusammen, der einem Dealer jede Menge Geld schuldet. Dieser wiederum sieht so aus, wie man sich solche Typen vorstellt: fiese Frise, dämlich rasierter Bart, trainierter Oberkörper (behangen mit den üblichen Blinky-Accessoires), dumme Visage, arroganter Habitus. Da Vater Hossein nicht zahlen kann, nimmt er Arash sein bestes Stück weg - den Thunderbird. Mit diesem macht er sich auf den Weg zu einer seiner Prostituierten, die er natürlich wie Dreck behandelt. Während ihm diese einen Blowjob zukommen lässt, taucht im Rückspiegel eine junge mysteriöse Frau im Tschador auf, die unser Dealer kurze Zeit später mit nach Hause nimmt...
"A girl walks home alone at night" ist ein besonderer Film. Ruhig, manchmal fast träge, erzählt er seine Geschichte aus einer Welt, die zugleich vertraut und fremd erscheint und die sehr eigenwillig daherkommt. Wer einen klassischen Spannungsbogen erwartet, wird hier wohl enttäuscht werden. Dennoch wird durchaus stringent erzählt von den Abgründen unserer Welt. Dabei wird auf Dialoge weitgehend verzichtet, oft sprechen die eindringlichen Bilder, die zudem mit genial ausgewählter Musik unterlegt sind, für sich. Der spezielle persische Blickwinkel legt natürlich nahe, den Film auch als Auseinandersetzung mit der iranischen Kultur zu verstehen, aber er geht darüber hinaus, beschäftigt sich mit kulturübergreifenden Themen. Der feministische Unterton macht richtig Spaß, immer wieder werden gängige Muster gebrochen, Schwarz-Weiß-Malerei gibt es nur in der Optik. Gefallen hat mir auch der unterschwellige Humor an manchen Stellen, etwa wenn Arash zum Date mit dem Mädchen extra einen Hamburger besorgt und dann feststellt, als diese ihn verschmäht, dass sie das erste und einize ihm bekannte Wesen sei, das Burger nicht mag (nicht wissend, dass ihr selbiger wohl einfach zu durchgebraten ist).
Ich bin einen Tag nach dem Anschauen des Films zu keinem eindeutigen Urteil fähig. Meine Erwartungshaltung war einfach eine andere (ohne diese wirklich formulieren zu können). Ich bin aber geneigt zu sagen, dass dies tatsächlich ein Kleinod ist, das zu entdecken sich lohnt. "A girl walks home alone at night" ist etwas für alle, die Lust haben die Möglichkeiten des Films neu zu entdecken und bereit sind, sich dafür auf ungewöhnliche Pfade zu begeben.