Überflüssige, schlecht gemachte und über alle maßen herb enttäuschende Fortsetzung eines zum Klassiker der Filmgeschichte avancierten Topfilms: Das sind die Worte, die mir einfallen, um „Hannibal“, Ridley Scotts Fortsetzung des oscarprämierten Jonathan-Demme-Thrillers „Das Schweigen der Lämmer“ zusammenfassend zu bewerten.
Von den Qualitäten, die den Vorgänger ausmachten, der subtilen Spannung, den packenden Dialogen als Ausgangsbasis für perfekt inszenierten Psychothrill, ist bei der Verfilmung der ( umstrittenen und qualitativ schon streitbaren ) Buchfortsetzung aus der Feder von Erfolgsautor Thomas Harris, Ridley Scotts „Hannibal“, nichts mehr übrig. Ein perfektes Drehbuch machte aus einer leicht überdurchschnittlichen Literaturvorlage den Welthit „Das Schweigen der Lämmer“; Scott kann sich im Gegensatz zu Demme nicht auf ein solches stützen, will es aber offenbar auch gar nicht, denn er beschreitet mit „Hannibal“ gänzlich andere Wege.
Geblieben ist durch die Figur des menschenfressenden Dr. Hannibal „The Cannibal“ Lecter auch Sir Anthony Hopkins als Hauptakteur des Streifens, der aber gleichzeitig ein elementares Problem des Films auf sich nimmt: Sein immer noch perfektes, ultraeinnehmendes Spiel verleiht der Hopkins/Lecter – Kombination eine omnipotente Leinwandpräsenz, die keiner der anderen Darsteller mittragen, oder besser: kompensieren kann. Julianne Moore als Clarence Starling kann kaum in die Fußstapfen von Jodie Foster ( die der Fortsetzung ihre Mitarbeit versagte ) schlüpfen, ihre Figur ist wie der ganze Rest nur schmückendes Beiwerk zur Einrahmung der Lecter – Tätigkeiten. Schade, dass dieser Charakter trotz Hopkins’ tollem Spiel aufgrund der Drehbuch- und Inszenierungsschwächen gänzlich seine Ambivalenz aus dem ersten Teil verliert. Hier ist „Hannibal“ jetzt nur noch ein gebildeter Kannibale, der seine Morde stilvoll und pseudo-kultiviert umsetzt. Trotzdem kann ihm keiner der Gegner das Wasser reichen. Moore und der armselige italienische Polizist schon gar nicht, aber auch der klischeebesetzte Ray Liotta und der abstoßende Mason Verger ( unkenntlich gespielt von Gary Oldman ) sind nur Retorteneinbettungsversuche der Storyline. Bei Verger wird die Chance vergeben, einen unheimlicheren Kontrahenten aufzubauen, indem sein abstoßendes Äußeres ( er wurde früher von Lecter schlimm zugerichtet ) nicht lange verdeckt bleibt und er damit eher zur Gegnerfarce verkommt, ebenso wie seine vermeintlich spektakuläre „Wildschweinstrafe“.
Die Handlung hangelt sich mit deutlich mehr Gore – Effekten als der Vorgänger, die aber alle bei weitem nicht so spektakulär und ultraübel sind, wie der vorhergegangene Medienhype suggerieren wollte, von einer Hannibal – Episode zur nächsten, und es ist zwar leidlich unterhaltsam, Lecter bei seinen Unternehmungen zuzuschauen, aber insgesamt weiß man als Zuschauer überhaupt nicht, was das ganze eigentlich soll, wohin uns dieser Film denn nun führen möchte. Am Ende gibt’s dann die bereits hinlänglich bekannte Sequenz, in der Lecter am offengelegten Gehirn eines Opfers herumköchelt, aber selbst das ist dermaßen grotesk, dass man sich als Zuschauer schon eher zum schmunzeln als zum ekeln motiviert fühlt. Daruf folgt ein viel zu offenes Ende ohne jede weitere Konsequenz, was den geneigten ( bzw. mittlerweile eher ab-geneigten ) Zuschauer nur noch mehr nervt.
Eingerahmt wird die ganze Lecter’sche One-Man-Show von Ridley Scotts Holzhammerinszenierung, die nach einem netten, aber überflüssigen Anfangsshootout nur in den Florenz – Szenen überzeugen kann, alles andere, wie die Wildschweinfresserei, die leidlich bemühte Telefon-Sequenz, in der Hannibal Starling ’rumdirigiert, sowie der verkorkste Endteil, ist grobschlächtig inszeniert, mit einigen vorgeschobenen blutigeren Szenen, alles in allem aber inszenatorisch äußerst schwach und uninspiriert, irgendwie gezwungen, mit vergebenen Versuchen, vermeintlich verstörende Stimmungen aufzubauen.
Dazu klingen im Hintergrund episch-orchestrale Töne von Hans Zimmer, die hier leider aber unpassend und fast zu ausgereift für diesen schwachen Streifen wirken, denn dem fehlt das epische und überschwängliche des Soundtracks.
Was bleibt, ist also eine überflüssige Fortsetzung mit wenigen schönen Bildern und kaum gelungenen Momenten und die vertane Chance, dem Lecter – Mythos neue Impulse zu geben. Schade, aber da sollte „Das Schweigen der Lämmer“ lieber als Stand-alone – Film gesehen werden.