Wie viele Zuschauer vor mir, musste auch ich mir einen Eindruck von "Hannibal" verschaffen. Im Hinterkopf drängt sich immer noch der Vorgänger, der einen bleibenden Eindruck hinterließ. Natürlich war ich erwartungsvoll nach 10 Jahren und erhoffte eine spektakuläre Fortsetzung. "Hannibal" sollte es dann werden. Wohl oder übel. Die Story wirkt wesentlich komplizierter und weniger durchdachter als beim brillianten Vorgänger. Doch überlegen wir einfach mal. Was machte den brillianten Vorgänger eigentlich aus? Die Atmosphäre des Gesprächs zwischen Gut und Böse. Davon ist hier nichts mehr vorhanden. Die Atmosphäre machte sich davon und wurde kurzerhand durch Splattereffekte ersetzt. Diese Alternative erwies sich aber eindeutig als falsche Wahl. Kennt man den Vorgänger, wird man diesem Machwerk die kalte Schulter zeigen. Hier fehlt einfach das gewisse Etwas. Das Etwas, welches den Film ausmachen sollte. Die Story ist recht unverständlich und wurde zudem noch langweilig aufbereitet. Dadurch entstehen zuviele Längen, die dem Geschehen einige Abbrüche verleihen. Somit wird dem Zuschauer kein Leitfaden geboten, um der Story ordungsgemäß folgen zu können. Spannungsarm versinkt "Hannibal" in einem Strudel der Unübersichtlichkeit.
Dann hätten wir noch die "neue" Clarice Starling. Diesmal erleben wir nicht Jodie Foster in der Rolle dieser interessanten Figur, sondern Julianne Moore, die uns spätestens seit "Vergessene Welt" bestens bekannt sein dürfte. Sie erweist sich als ideale Nachfolgerin und lässt selbst Jodie Foster weit hinter sich. Zudem ist auch keine Gewöhnung bedürftig. Sie überzeugt und bietet eine gute Leistung ihrer Fähigkeiten. Anthony Hopkins ist wohl der Geniestreich und gleichzeitig die tragende Figur des Films. Er wird nach und nach mehr zur Hauptperson, bis schließlich eine One-man-Show entsteht. Aber das will kein Zuschauer sehen. Der gesamte Film verlässt sich zu sehr auf die schauspielerischen Leistungen seiner perfekt besetzten Figuren. Somit werden zwar unentwegt interessante Charaktere dargestellt, aber dennoch halten sie diesen Streifen nicht allein über Wasser.
Die wenigen, aber dafür gelungenen Splattereinlagen, runden das trübe Geschehen ein wenig ab. Sie heben den Film zwar nicht über die Gewohnheitslektüre heraus, unterhalten aber dennoch und bewahren den Zuschauer vor einem friedlichen Schlaf während des Films. Aber man hätte sich einfach etwas mehr Spannung erhofft. Vom packenden Psychospiel des Vorläufers ist hier nichts mehr übrig geblieben. Und davon lebt ein solcher Streifen nunmal.
Fazit: Vergleichsweise mit dem Vorgänger ein träger Flop, aber allein gewertet, eventuell ein unterschätztes Meisterwerk im oberen Drittel der Gewohnheitslektüre. (4/10)