Wer sich vom Inhalt des Films überraschen lassen möchte (eigentlich empfehlenswert), sollte nicht weiterlesen!
Die Sensation ist perfekt und Bernd Stromberg erblickt das Licht der Lichtspielhäuser. Ein Film, der durch die Machart der Serie im Kinoformat von vorherein einen sehr experimentellen Charakter hatte und der erst durch Crowdfunding im bisher größten Stil in Deutschland zustande kam.
Das "Experiment" ist geglückt! Es ist ein guter Film geworden, sowohl für die Fans als auch für die vielen Menschen, für die der Begriff nicht zutrifft. Dies liegt schlicht daran, dass das ungewöhnliche Format der Mockumentary mit seiner Authentizitätsstrategie Bilder liefert, die für deutsche Kinogänger, die auch deutsche FIlme schauen, gar nicht so ungewöhnlich sind. Der Humor und die trockenen Bilder erinnern in ihrer meist sehr ruhigen Art an Filme von Buck oder Dresen. Vom optischen Standpunkt ist "Stromberg der FIlm" also nicht außergewöhnlich, zumal man im Gegensatz zur Serie dem Bild mehr Raum durch ungewohnte Perspektiven gegönnt hat. Der Film ist nicht nur eine verlängerte Serienfolge.
Das grundsätzliche Konzept behält man aber bei, da ansonsten ein Großteil der Handlung so nicht möglich gewesen wäre. Diese ist ebenfalls durchaus gelungen. Situationskomik zum einen als auch gewohnt gut pointierte Szenen gibt es massenhaft. Und so macht sich über die weitesten Strecken des Films auch ein befriedigendes Gefühl der Geborgenheit breit.
Dennoch gibt es auch Szenen, die so klug im Drehbuch angelegt worden sind und in der Serie kein Platz gehabt hätten, dass ich tatsächlich froh bin, schnellstmöglich ins Kino gerannt zu sein. Die Betriebsfeier als außergewöhnliches Setting bietet glaubwürdige Möglichkeiten, alte Charaktere der Serie einzubinden. So treffen wir auf Frau Berkel und Herrn Turculu aus der ersten Staffel, was durch das Drehbuch durchaus Sinn macht. Auch neue Charaktere wie der Personalchef oder der prototypische Außendienstler sind eine Bereicherung.
Die bekannten Charaktere werden dabei sauber fortgeführt und suggerieren eine Lebensnähe (und zwar zu den hässlichen Seiten des Lebens), die manchesmal schon beinhahe herzergreifend ist. Auch hier hat sich das Drehbuch als kleines Meisterwerk erwiesen.
Aber der Hammer setzt eigentlich ein, wenn dem Format angemessen nicht mehr nur auf eine Verdichtung alltagsnaher Situationskomik gesetzt wird, sondern auf eine Überdramatisierung der Geschehnisse. Im Kino darf man das, was man in der Serie nicht durfte. Dies findet sich in einer Anspielung auf den Skandal der Hamburg-Mannheimer, der aus Vorstandsausflügen ins Bordell entstand, die an die Öffentlichkeit gelangten. Die Vorstandsmitglieder mit einem weißen Band bekamen die schönsten Nutten. Ja, auch Stromberg verdient sich durch einen chaotischen Auftritt, wie schon einst bei der Vorstandsfeier in Staffel 1, ein weißes Band! Großartig! In der Serie hätte dies so aber wohl nicht Platz gefunden.
Natürlich wird auch auf eine größere Fallhöhe gesetzt und so folgt auf die Einladung zum Rudelbumsen mit dem Vorstand auch prompt die Kündigung. Aber nicht mit dem "Papa", denn der wird in diesem Moment zur Gallionsfigur einer internationalen Antikapitalismusbewegung, sein Bart das Symbol des Widerstands. Klingt bescheuert, ist aber das fulminante Finale, dass der selbsternannte "Papa" sich wohl verdient hat. Ja, der Film hat sehr viel von einem Rundumschlag und Best-Of mit der Neigung zum Selbstzitieren und so kommen letztlich alle nochmal zu Wort. Von solchen Dingen bleibt der Film nicht verschont. Jedoch verläuft das Ganze ab der Mitte so abstrus und überkandidelt, dass man schlicht feststellen muss, dass die kleine Comedyserie mit Nischendasein in der Fernsehlandschaft und treuer Fangemeinde eben auf Kinotauglichkeit aufgeblasen wurde. Husmann und Feldhusen spielen hier mit den Charakteren, die sie geschaffen haben, lassen sie leiden, führen sie vor und lassen sie auch manchesmal wachsen oder verzweifeln und das in zwei prall gefüllten Stunden. Und somit ist hier alles eben ein bisschen mehr over the top und dennoch, oder gerade deswegen, wahnsinnig unterhaltend. Und das, obwohl die ansonsten immer sehr gepflegte Darstellung der Figurenpsyche so manchesmal dem Humor oder dem Plot untergeordnet wird. Zumindest mehr als in der Serie.
Warum Stromberg und Ernie bekifft zusammen in einem Bett schlafen, ein fertiger Busfahrer Tatjana Berkel das Herz bricht (GROSSARTIG!), sich die gesamte Abteilung der Schadensregulierung in eine Massenschlägerei wirft und Frank-Walter Steinmeier persönlich ein Anhänger Bernd Strombergs ist, kann jeder für sich herausfinden. Geht ins Kino, denn "Stromberg - Der Film" ist nicht nur eine gelungene Umformatierung der Fernsehserie, sondern eine durch und durch gelungene, intelligente und satirische Komödie, die zu gesehen werden verdient.
Fazit:
Ein innerer Beifall für Ralf Husmann und Arne Feldhusen und das gesamte Ensemble, die ihre Schuldigkeit gegenüber den Spendern (zu denen ich nicht gehöre) mehr als getan haben. Ich bin lange im Kino nicht mehr so gut unterhalten worden und schon gar nicht von einem deutschen Film. Im Eifer des Gefechts euphorische 10 Punkte als Stromberg-Fan und 8 Punkte aus etwas neutralerem Standpunkt. Gibt im Mittel 9 Punkte.