Wenn ein Splatter- und Horrormeister wie Peter Jackson sich an ein psychologisches Drama macht, dann kann das schlimm enden. Oder etwas Wunderbares wird geboren. Im Falle von Heavenly Creatures ist zum Glück letzteres eingetreten.
Jackson widmet sich hier dem Leben zweier 15-jähriger Freundinnen 1953 in Neuseeland, die eine (Kate Winslet in ihrer ersten Hauptrolle) mit wohlhabenden, aber nicht sehr glücklichen Eltern versehen, die andere aus dem unteren Mittelstand. Mitten in der Pubertät stehend und anscheinend von der ganzen Welt unverstanden, erschaffen sie sich ihr eigenes Phantasiereich, die vierte Welt, in denen ihnen keinerlei Beschränkungen auferlegt sind, sei es durch die familiär angespannte Situation oder durch Klassenunterschiede. Als ihre Freundschaft der Umwelt zu eng zu werden scheint und in Gefahr gerät, anstößig zu werden, versuchen die Eltern die Kinder zu trennen. Sich von allen ihnen nahestehenden Menschen enttäuscht fühlend, treffen die Mädchen eine fatale Entscheidung...
Die Geschichte, der sich Jackson hier angenommen hat, beruht auf einem wahren Mordfall aus dem Jahr 1955 und somit ist dies ein biographischer Film, der auf den Tagebüchern der Mädchen basiert.
Wäre da nicht schon die Eröffnungsszene mit den hysterischen, blutüberströmten Mädchen, könnte man glauben, ein phantasievolles Drama für das Nachmittagsprogramm vor sich zu haben, wenn die Mädchen sich langsam näherkommen und ihre Traumwelt langsam entwickeln. Doch Jackson hat sein Handwerk gelernt: Immer wieder mischen sich düstere Töne in dieses schicksalsschwangere Werk, der aufmerksame Zuschauer ahnt, daß das Verhältnis der Mädchen auch gleichzeitig ein Verhängnis ist. Die maroden Familienverhältnisse des reichen Mädchens sind nur allzu offensichtlich und die Phantasielosigkeit des Arbeiterhauses der Ärmeren sind denkbar schlechte Voraussetzungen, um einem pubertierendem Freigeist und Träumer gerecht zu werden. So baut sich das Leben der beiden wie ein verschlossenes Druckventil auf: je schlechter die Lebensumstände, umso öfter die Flucht in die Phantasien. Und die hat Jackson besonders schön in Szene gesetzt. Da erscheinen Lustgärten und Märchenschlösser vor Augen der Mädchen und der Zuschauer und die von den Freundinnen aus Plastilin geformten Prinzen, Könige und Bösewichte bevölkern diese Traumwelt in Lebensgröße.
Doch die Realität holt beide immer wieder ein, wird jedoch von ihnen zunehmend in ihrer Phantasie verbrämt, sei es nun der erste Sex oder die verständnislosen Eltern.
Für Heavenly Creatures muß man sich als Zuschauer viel Geduld mitnehmen und das Thema muß einen auch schon interessieren, sonst verliert man schon bald die Geduld mit den in phantasievollen Phrasen dahinredenden Mädchen. Dafür bekommt man jedoch eine Milieustudie mit ordentlich Standesdünkel und einen wirklichen Blick in das Innenleben von Teenagern.
Ein schwieriger,erschreckender aber auch wunderschöner Film, den man erfahren muß, nicht genießen kann. (8/10)