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„Whiplash“ kam aus dem Nichts: Ein Indiefilm, der auf Festivals für Aufmerksamkeit sorgte, sich auf Jahresbestenlisten vorarbeitete und als Außenseiter bei den Oscars 2015 gleich drei Trophäen mit nach Hause nehmen konnte.
Es geht um das Duell zweier Profis. Der eine ist junger Schlagzeuger und heißt Andrew Neimann (Miles Teller). Der Musikstudent geht gern mit seinem Vater Jim (Paul Reiser) ins Kino, arbeitet hat im Konservatorium und möchte einer der besten Jazz-Drummer aller Zeiten werden. Er hat nicht nur Ehrgeiz, sondern auch Talent. Andrew ist in jeder Szene des Films zu sehen, die klare Haupt- und in (zumindest anfangs) auch Identifikationsfigur. Denn wer sollte sich nicht mit aufstrebenden, gewitzten und talentierten Nachwuchsdrummer identifizieren können.
Als der härteste Ausbilder des Konservatoriums, Terence Fletcher (J.K. Simmons), den Erstsemester beim Spielen sieht und in seine Band aufnimmt, wenn auch nur als Ersatzmann, scheint Andrews Karriere auf dem besten Weg. Doch der Ausbilder ist ein gnadenloser Schleifer, wegen seines Erfolges geachtet, aber noch nicht einmal unter den Kollegen besonders beliebt…

Das Duell zweier Betonköpfe, so einfach und simpel ist das Rezept des Films von Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle, der schlicht und einfach die Eskalationsstufe immer weiter dreht. Der irgendwann gnadenlos ehrgeizige Schüler und der höllische Ausbilder fordern sich gegenseitig hinaus, die verbalen Attacken können jederzeit in körperliche umschlagen und keiner der Beteiligten wird geschont. Der Rest der Band, des Konservatoriums – Zuschauer, Nebenfiguren, höchstens in der Gefahr in dem Duell zerrieben zu werden, wie sich gerade an der Konkurrenz um den Drummerposten zeigt. Denn eine von Fletchers Taktiken ist jene das Musikgeschäft durch Konkurrenz zu beleben, Posten gönnerhaft zu geben und unbarmherzig wieder zu nehmen.
All das ist Teil einer manipulativen Ausbildung, die an militärischen Drill erinnert, weshalb sich der Vergleich zu der Ausbilderfigur aus „Full Metal Jacket“ aufdrängt. Und wie Sergeant Hartman aus Kubricks Werk hat auch Fletcher eine unheimliche Faszinationskraft: Trotz all seiner unmenschlichen Methoden, trotz seiner Wutausbrüche hat der Mann eine Aura, die über seine Trainingserfolge hinausgeht, was dieses Hin-und-Her so faszinierend macht. So verändert sich auch Andrew: Er vernachlässigt die Treffen mit dem Vater, wird immer mehr zum egozentrischen Arschloch, das sich wie von Fletcher gewollt gegen die Kommilitonen richtet, und gibt sogar seiner Freundin den Laufpass, nur um mehr über zu können. Eine unangenehme Frage bleibt: Hat Fletcher seinen Schützling dazu gebracht oder nur das geweckt, was immer schon unter der Oberfläche schlummerte?
Er weckt auch die bereits erkennbaren Talente Andrews und schleift sie, was den Film auch den Vorwurf der Glorifizierung solcher Methoden, gar des ihnen möglicherweise inhärenten Faschismus mitbrachte. Doch „Whiplash“ behauptet nicht, dass der Zweck die Mittel heilige. Die Geschichte eines ehemaligen Starschülers Fletchers lässt Zweifel an dieser These aufkommen, während auch die Frage ist, ob Andrews Lebenswandel erstrebenswert ist, den er unter Fletchers Einfluss nimmt. Implizit bleibt auch die Frage: Ginge es nicht auch mit anderen Methoden den nächsten Charlie Parker zu finden? Der Film zeigt zwar keine Alternativen auf, aber nicht, weil er unbedingt verneinen will, dass es sie gibt, sondern weil es eben um das Zusammenspiel der beiden Egomanen geht.

In diesem Kontext ist J.K. Simmons‘ Performance absolut sensationell. Sein Fletcher kann sich nahtlos vom scheinbar freundlichen Lehrmeister zum brüllenden Wüterich wandeln, ist ein Manipulator, ein faszinierendes Ekel und das gibt Simmons mit unglaublicher Kraft. Mit Miles Teller hat er einen talentierten Nachwuchsstar, mit dem er sich die Bälle wunderbar zuspielen kann, der neben ihm besteht und doch ist „Whiplash“ Simmons‘ Film. Da sind die Nebendarsteller, darunter Paul Reiser und Chris Mulkey als etwas bekanntere Gesichter, nur Beiwerk.
Neben den beiden tollen Hauptdarstellern muss man aber auch die Leistung von Regisseur Damian Chazelle würdigen: Wie er etwas scheinbar so Unfilmisches wie Schlagzeugspielen so mitreißend ablichtet, ist von unbändiger visueller Kraft. Mit dynamischem Schnitt macht er die Energie der Drummer spürbar, den Schmerz des Trainings, die Wut, die Andrew stellenweise in sein Spiel legt.

Aus dem im Grunde simplen Clash zwei Egomanen, der immer weiter eskaliert, hat Damien Chazelle ein kraftvolles Drama gezaubert: Einfallsreich inszeniert und von den Hauptdarstellern, allen voran dem alles überragenden J.K. Simmons, hervorragend gespielt. Wer glaubte, dass Schlagzeugspielen filmisch nicht aufregend und spannend sein kann, der wird hier eines Besseren belehrt.

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