kurz angerissen*
Ach, letzte Szene, du gewaltige Irritation! Ohne dich würden Filmkritiken nun nicht vom Transport faschistoider Ideologie sprechen. Denn natürlich zeigt "Whiplash" ein derartiges Denken, handelt genauer gesagt mehr von ihm als vom Leitthema Jazz, dessen perfektionistische Seite (wohlgemerkt gibt es auch eine andere, wie man nach diesem Film explizit betonen muss) lediglich als Instrument gebraucht wird, um das Machtverhältnis zwischen Lehrer und Schüler in einen würdigen Rahmen zu setzen. Doch wird es auch gutgeheißen?
Angesichts des Ausgangs, der wie viele Szenen des Films in einem abrupten Bruch endet, kann man zu dieser Schlussfolgerung kommen, da letztlich Lehrer und Schüler auf einer gewissen Ebene eine Einigung erzielen und der umstrittenen Methodik somit freies Geleit gewähren; es fehlt der erwartbare moralische Turn, und er fehlt auffällig, weil Subplots wie jener um die zeitweilige Freundin des Schlagzeugers auf ihn hinzielen. Seine Nichteinlösung lässt den Zuschauer regelrecht mit offenem Mund dastehen. Doch ist man als Zuschauer wirklich auf dermaßen einfältige Filmprinzipien angewiesen, um sich seine Meinung zu bilden? Lässt Damien Chazelle nicht die Möglichkeit offen, dass sich hier lediglich zwei limitierte Torfköpfe mit Scheuklappen auf einen Deal einigen?
Zwar bilden Miles Teller und insbesondere sein dominanter Konterpart J.K. Simmons das Sprachrohr des Films, der es jedoch eigens in steter Regelmäßigkeit bloßstellt: Die Arbeitsweise des Lehrers ist offen schädigend, seine Argumentationsketten für einen gesunden Verstand unvollständig und die Verblendung des Schülers liegt auf der Hand.
So ist „Whiplash“ als Musikfilm betrachtet von puristischer Güte, mit fantastischer Musik beschlagen und die harte Arbeit dahinter aufweisend, in den Facetten jedoch eingeengt: Wo ist die Improvisation, der Makel, die Jazz-Atmosphäre und warum fehlt all das? Chazelle zeigt die erbärmlich zurechtgestutzten Knochen des Jazz, verzichtet auf die schiere Artenvielfalt, um auf zwei Charaktere zu verweisen, die ebenso zurechtgestutzt erscheinen. Lediglich spielen Miles Teller und J.K. Simmons dies derart großartig herunter, dass manch politisch Motivierter es mit der Angst zu tun bekommt. Vermutlich nicht einmal zu Unrecht, wenn man bedenkt, wie einfach dieser Film mit seiner brachialen Intensität von falscher Seite instrumentalisiert werden könnte. Doch das darf nicht davon abhalten, dieses Werk als mutige Aufforderung zur selbstständigen Denkweise zu verstehen.
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