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Mit den beiden abschließenden Teilen schlägt die "Guinea Pig"-Reihe zum dritten Mal eine neue stilistische Richtung ein. Nach Pseudo-Snuff und Gewalt-Slapstick orientieren sich der fünfte und sechste Teil eher am Genre des klassischen Horrorfilms - und so wird "Guinea Pig: Android of Notre Dame" zum bizarren, mit teilweise krassen Ekeleffekten versetzten Schocker über einen verrückten Wissenschaftler, der an allen Menschen, die ihm in die Hände fallen, grässliche Versuche unternimmt, um ein Mittel zur Wiederbelebung zu finden und so seine todkranke Schwester zu retten.

Diese Story - die hier wesentlich ausdifferenzierter und zusammenhängender erscheint als in sämtlichen Vorgängern - ist dabei durchaus auch mit einem gewissen Plus an Aufwand inszeniert: Da gibt es die eine oder andere Kamerafahrt oder Bilder aus ungewöhnlichen Blickwinkeln - alles technische Spielereien, auf die die ersten vier Teile vollständig verzichteten. Überhaupt gibt sich der fünfte Teil erstmals schon im Vorspann eindeutig als fiktiver Film zu erkennen, inklusive Nennung von Darstellern, Produzenten und Regisseur. Und auch die Qualität der Bilder, des Settings und der meisten Spezialeffekte erreicht ein höheres Niveau. Formal übertrifft "Guinea Pig: Android of Notre Dame" damit seine Vorgänger deutlich.

Das soll jetzt allerdings kein falsches Bild erzeugen: Auch dieser Film scheint immer noch nur knapp über Dilettanten-Format hinauszukommen. Die Handvoll Schauspieler scheinen für diese Kunst nicht gerade geboren: Lust- und emotionslos spielen sie ihre Rollen, selbst wenn der Bruder um das Leben seiner Schwester bangt, für die er ja all seine Experimente unternimmt, bleibt das darstellerisch eindimensional wie ein Strichmännchen. Und auch wenn die Story schon mehr Zusammenhang erkennen lässt als früher, bleiben einzelne Wendungen sprunghaft und schwer nachvollziehbar. Was zum Beispiel haben die Experimente an Leichen und wiederbelebten Köpfen mit der Herzkrankheit der Schwester zu tun? Und wie genau verwandelt sich der Wissenschaftler in das mystische, scheinbar unsterbliche Wesen an Drähten, das er zu Beginn und am Ende ist?

Über solche Logiklöcher können sich Splatter- und Gore-Fans durch allerhand drastische Effekte hinweg trösten. Da werden Augäpfel aus ihren Höhlen entfernt und an elektrischen Drähten befestigt, platzen verfaulende Körper auseinander und spuckt ein verwesender wiederbelebter Kopf Blut und Schleim. Bis auf wenige Ausnahmen wirken diese Effekte sehr gelungen, sodass es hier durchaus einige eklige Schauwerte gibt. Auch wenn hier ebenfalls Potenzial verschenkt wurde: Der wiederbelebte Kopf hätte eine eigenständige Storyline ergeben können, wie der Genre-Fan es zum Beispiel von "Re-Animator" kennt.

Insgesamt ergibt "Guinea Pig: Android of Notre Dame" einen wesentlich runderen filmischen Eindruck als seine Vorgänger. Mit gut eingesetzter, düsterer Musik, krassen Ekelszenen und einer finsteren Story erzeugt er eine bizarr-surreale Atmosphäre, wobei er sich in Details an bekannte Elemente der Horrorfilmgeschichte anlehnt, etwa das Motiv des 'Mad Scientist'. Logiklöcher, eine inkonsequente Story und miserable Schauspieler verhindern jedoch, dass der fünfte Teil der Reihe ein wirklich ernstzunehmender professioneller Horrorfilm wird.

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