kurz angerissen*
Vier Jahre Pause und die Reduktion auf das inzwischen als Standard geltende 12-Episoden-Format gaben Hoffnung, dass sich die Fox-Serie endlich wieder von ihren größten Schwächen losreißen könnte, nämlich die Glaubwürdigkeit im 24-Stunden-Zeitfenster überzustrapazieren und sich auf dem schnittbetonten Stil auszuruhen, der 2001 noch das Fernsehen revolutioniert hatte.
Doch von seinen alten Dämonen kann sich die Serie um Kiefer Sutherlands Jack Bauer nicht befreien. Episode 1 beginnt so selbstverständlich, als hätte es die Pause nach Staffel 8 nie gegeben. Noch in den ersten Minuten verstreicht die Chance auf einen erfrischenden neuen Anstrich ungenutzt. Gewissermaßen ist das ein Statement für das weiterhin konservativ-reaktionäre Prinzip des Handlungsaufbaus, der sich immer noch über Folter, Maulwürfe, Intrigen und eine fast schon unangenehme Nähe zur höchsten Regierungsebene auszeichnet.
Der Handlungsfluss gelingt zwar zumindest ähnlich gut wie in den Staffeln aus dem qualitativen Mittelfeld (also etwa der Phase um Staffel 3 und 4); man findet sich zumindest schnell wieder zurecht im Adrenalinstrom, der kaum Zeit zum Nachdenken lässt. Sutherland jedoch wirkt müde als mittlerweile regelrecht kathartische Verkörperung der absoluten Selbstaufgabe. Seine Mimik hat sich kaum verändert. Das verhärtete Gesicht lässt nur selten Platz für Aufhellung, lediglich in einzelnen Momenten verströmt er wieder diese kurzen Augenblicke der Verlegenheit, wenn er merkt, dass er jegliche Empathie gegenüber seinen Mitmenschen verloren hat.
Dies sind jedoch keineswegs neue Werkzeuge einer Serie, die bereits früh damit gespielt hat, Bauer als gebrochenen Helden und Sündenbock für das Versagen des Regierungsapparates zu inszenieren. Weder seine Widersacher (zwei Hauptkontrahenten gibt es, dabei hätte das Kurzstaffelformat zu einem durchgehenden Handlungsbogen eingeladen) können für Überraschungen sorgen, noch die vielen alten Bekannten oder neuen Bekanntschaften. Mary Lynn Rajskub macht sich in ihrem unglaubwürdigen Goth-Outfit sogar lächerlich.
Selbst London als neuer Schauplatz kann nicht verhindern, dass "Live Another Day" ein letztlich völlig überflüssiger Neuaufguss ist, der die eingelegte Pause nicht rechtfertigt, denn auf diese Weise hätte man auch gleich nach Staffel 8 weitermachen können.
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