„Dieser Ort birgt gesundheitliche Risiken für Sie!“
Lange Zeit war „Elvira – Herrscherin der Dunkelheit“ aus dem Jahre 1988 der einzige Spielfilm um die schrille, von Cassandra Peterson gespielte US-TV-Horror-Hostess und schillernde Nachtgestalt im Gothic-Dress. Doch im Jahre 2001 war es dann soweit und US-Regisseur Sam Irvin („Alien Desperados“) konnte den zweiten „Elvira“-Film mit Peterson umsetzen. Für die Hommage an bzw. Parodie auf Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen aus den 1960ern, deren Hauptrollen zumeist Genre-Ikone Vincent Price übernahm (dem dieser Film auch gewidmet wurde), verschlug es das Drehteam in die rumänischen Karpaten.
Wir schreiben das Jahr 1851: Elvira möchte zusammen mit ihrer Zofe Zou Zou ( Mary Jo Smith, „Austin Powers - Spion in geheimer Missionarsstellung“) nach Paris, um dort ihr Varieté zu eröffnen. Doch statt in die Stadt der Liebe verschlägt es sie auf das Schloss Lord Hellsubus’, denn Elvira sieht dessen verstorbener Ehefrau frappierend ähnlich. Auf dem transsilvanischen Anwesen angekommen, gerät Elvira zwischen die Fronten der kauzigen Familie, in einen alten Familienfluch und in zahlreiche gruselige Abenteuer...
„Frivolität – Dein Name ist Weib!“
Der groben Inhaltsangabe lässt sich bereits entnehmen, dass es sich um keine klassische Fortsetzung handelt. Während der erste „Elvira“-Film in der damaligen Gegenwart spielte, wurde „Elvira’s Haunted Hills“ stilecht im 19. Jahrhundert angesiedelt. Cassandra Peterson hatte zum Drehzeitpunkt die 50-Jahres-Grenze bereits überschritten, die Kombination aus ihrer natürlichen Schönheit, ihrer Ausstrahlung und der Arbeit der Visagisten zaubert jedoch die vollbusige Gothic-Fetischistin mit divenhaftem Habitus auf den Schirm, die man aus den 1980ern kennt. Wer Elvira nicht kennt – während sie in den USA Kultstatus besitzt, blieb sie hierzulande weitestgehend Insidern vorbehalten – und darüber hinaus bisher kaum einen Gothic-Horrorfilm gesehen hat, wird sich vermutlich fragen, was all das überhaupt soll und mutmaßlich nur schwer Zugang zum Geschehen finden. Fans der charismatischen Goth-Queen sowie humorbefähigte, aufgeschlossene Subgenre-Freunde hingegen dürfen sich an Anachronismen (Elvira nennt einen Glatzkopf „Kojak“...), vielen lustigen Sprüchen, klassischem Slapstick und schlüpfrigen Zoten in liebevoll gestalteten Kulissen des ausladenden Schloss-Ambientes ebenso erfreuen wie an sich ständig gegenseitig ankreischenden Frauen sowie Spezialeffekten wie einer Enthauptung, vielen Skeletten, Totenschädeln und einer Zweiteilung durch das Pendel des Todes.
Damit wären wir auch beim eigentlichen Kernthema des Films, denn mit zunehmender Spielzeit offenbart sich, wie bewusst augenzwinkernd das Gothic-Horror-Subgenre mitsamt seinen Klischees durch den Kakao gezogen (am penetrantesten dabei sicherlich das „sporadisch-dramatisch“ auftauchende Unwetter-Gewitter) und die Handlung speziell mit zahlreichen Poe’schen Motiven angereichert wird. Da gibt es viel zu entdecken, einige nette Details erschließen sich sicherlich nur der o.g. Zielgruppe. Andererseits wird, der bemüht hohen Gag-Dichte geschuldet, immer wieder die Grenze zur puren Alberei überschritten und kann nicht wirklich die Rede davon sein, dass Irvin eine spannende Dramaturgie aufzubauen gelingen würde – zwischendrin gibt es sogar ein wenig Leerlauf. „Elvira’s Haunted Hills“ stellt nun einmal erwartungsgemäß seine Hauptdarstellerin in den Mittelpunkt und wird zu einer Art Poe-Revue; diesem Konzept ordnet sich alles andere unter – wenngleich manch Nebendarsteller und -darstellerin, allen voran Richard O’Brien („The Rocky Horror Picture Show“) als Lord Hellsubus, einige starke, dominante Szenen auf den Leib geschnitten bekamen, die sie zeitweise auf Augenhöhe mit Elvira zeigen. Und auch, was bis zum Erreichen eines beachtlichen Nervfaktors überstrapaziertes Overacting betrifft, hat man schon viel Schlimmeres gesehen als diese meines Erachtens grundsympathischen, sich in Anbetracht Elviras ursprünglicher Breitenstreuung vielleicht für viele irritierend an ein spezielles Publikum richtende Horror-Komödie. Zum Ende dreht man noch einmal richtig auf, bis – Achtung, Spoiler! – das Schloss wie die Titanic versinkt. Höhepunkt ist aber zweifelsohne Elviras Gesangs- und Tanzdarbietung, inklusive eines unglaublichen Texts. Allein dafür lohnt sich das Anschauen schon.