Minutenlang verharrt Regisseur Shyamalan in seinen Kamerapositionen, dreht die Winkel in nicht endenden Fahrten und dreht immer eine Sekunde länger, als wir es für richtig empfinden. Warum so wenig Kurzweil – warum so viel Langsamkeit?
Der Mann, der den coolen Gang zwar nicht erfunden hat, ihn aber hundertprozentig zur perfekten Vollendung gebracht hat, nämlich Samuel L. Jackson ist hier zum größten Teil an einen Rollstuhl gefesselt. Wenn er also mal nicht unbeholfen durch die Gegend rollt, dann muß er sich mit Krücken abstützen. Das genaue Gegenteil zu seinen überlegenen Coolness-Rollen wie in "Shaft" oder "Pulp Fiction". Doch der Film handelt ja eh von Gegenteilen. Aber ich will nicht vorgreifen.
Im Ganzen ist "Unbreakable" eine psychologische, tragische Abhandlung mit dem amerikanischen Superhelden-Mythos, den Supermans und Spidermans der schillernd bunten Comicwelt, die sich die USA aufbauten zu einer Zeit, in der sie noch Angst hatte, grüne Männchen könnten vom Himmel kommen und ihnen ihre Coca-Cola und ihren Superbowl klauen.
Bruce Willis‘ Figur gehorcht den Gesetzen aus den Comics: David Dunn hat die besondere Gabe, die Unverwundbarkeit, hat aber auch eine gefährliche Schwachstelle, die panische Angst vor Wasser. Doch er weiß es nicht. Und die Szenen, in denen Willis zum ersten Mal als Superheld agiert, sind die bedeutungsvollsten: Kein buntes, markiertes Superhelden-Cape trägt er, nur eine schlichte Regenjacke, die aber ebenso im Wind weht, wie der rote Umhang eines Supermans. Willis kann nicht die Schlechtigkeiten der Welt retten – er muß in der Bahnhofshalle die Verbrechen seiner Mitmenschen gegeneinander abwägen und selektieren, welche Untat er vergilt. Und wenn er dies tut, und mit dem Mörder einer halben Familie ringt, dann sieht das nicht heroisch oder überlegen aus, sondern klobig und schwerfällig. Und er erhält noch nicht einmal Ruhm und Ehre, wie einst Batman – nein, er bekommt als Belohnung nur die Liebe seiner Familie und eine reine Seele. Er ist dazu bestimmt ein Held zu sein, ob er es nun will oder nicht.
Noch tragischer jedoch ist die Figur des Samuel L. Jackson: Elijah Price. Der Mann, der so verwundbar ist, stellt das genaue Gegenteil von Willis da. Seine Knochen zerbrechlich wie Glas – in der Schule wird er Mr. Glass gehänselt. Und als sich zum Schluß herausstellt, daß Elijah der eigentliche Bösewicht ist, der tausende Menschen hat umgebracht, nur um den unverwundbaren Bruce Willis aus der Masse herauszufiltern, wird klar: Er ist der berechnende, brillante Supergangster – der Erzfeind eines jeden Comicheldens, also die Art von Figur, die seine Mutter noch vor Minuten beschrieben hat. Und mit dem einstigen Spitznamen Mr. Glass wird der schwache Elijah zu einem perfekten Supergegner, wie Willis ein Superheld.
Wer also ein zweiten "Sixth Sense"-Grusel erwartet oder Superhelden-Action á la "Batman Forever", der sollte diesen Film meiden. Freunde von psychologisch dichten, mit verwinkelten, ausgeklügelten Kamerafahrten und symbolischer Bildkraft ausgestatteten Düsterfilmen werden begeistert sein!