David Dunn ist mit dem Zug unterwegs nach Hause, als dieser entgleist. 131 Passagiere kommen dabei ums Leben, Dunn ist der einzige Überlebende - und hat nicht einen einzigen Kratzer davongetragen. Daraufhin nimmt Elijah Price, ein Gallerist für Comic-Kunst, mit ihm Kontakt auf. Dieser leidet an der Glasknochenkrankheit, einem genetischen Defekt, aufgrund dessen, wie der Name schon sagt, seine Knochen brüchig wie Glas sind. Und er hat eine abenteuerliche Theorie: Wenn es derart zerbrechliche und anfällige Menschen wie ihn gibt, muss es auch Menschen geben, die das genaue Gegenteil darstellen, die unverwundbar sind. Menschen, deren Geschichten auch die Schöpfer von Comic-Helden wie Superman inspiriert haben müssen.
Tatsächlich stellt Dunn in der Folge fest, dass er nicht nur unverletzbar und immun gegen Krankheiten ist, sondern auch über gewaltige Körperkräfte und eine Art telepathische Fähigkeit verfügt, die ihn Verbrecher aufspüren lässt. Selbst seine Berufswahl als Sicherheitsdienstler erscheint nun in einem neuen Licht. Und es stellt sich sogar heraus, dass er, wie alle Superhelden, auch eine Schwachstelle hat (bei ihm ist es Wasser - als Kind wäre er einmal beinahe ertrunken). Nach anfänglichem Widerwillen gesteht er sich schlussendlich ein, ein Übermensch zu sein und geht auf Verbrecherjagd...
Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Shyamalan (THE SIXTH SENSE, SIGNS) versucht hier, dem Zuschauer das Phänomen des Superheldentums in einem möglichst realitätsnahen Szenario zu präsentieren, quasi die Comicthematik schlechthin von ihrer Comicartigkeit zu befreien. Kann nicht wirklich gut gehen und tatsächlich muten seine Versuche dahingehend eher unbeholfen an.
Dass es zu körperlich stark anfälligen Patienten körperlich übermenschlich starke Gegenstücke geben muss, ist nicht wirklich logisch zwingend (konsequent durchgedacht müsste das ja auch heissen, dass es ungefähr so viele Übermenschen wie Glasknochenkranke geben muss); die These, dass Comichefte auf realen Begebenheiten basieren, ist mehr als abenteuerlich. (Aber okay, auch diverse Göttersagen a la Herkules könnte man auf die Art erklären.) Zudem ist das mit Dunns „Spinnensinn" doch eine Spur zu weit hergeholt und ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass man es selbst nicht merkt, wenn man absolut unverwundbar oder unglaublich stark ist. Müsste einem mit der Zeit doch eigentlich auffallen. Weitere Fragen: Wieso versucht Dunn nicht mal, sich mit dem Messer anzuritzen? Wenn er selbst bei einem Zugunglück keinen Kratzer davonträgt (sogar seine Kleidung bleibt weitgehend intakt!), dürfte er das auch mit einem Messer nicht schaffen und hätte zudem einen Beweis für die These von Price (dann wär's auch nicht nötig, dass sein Sohn in dem verzweifelten Versuch, seinem Vater klar zu machen, dass der Comic-Experte recht hat, mit der Waffe auf ihn zielt).
Da Shyamalan sich zu allem Überfluss auch weitgehend jeden Anflug von Ironie verkneift und die im Grunde völlig abgedrehte Grundidee seines Streifens todernst und mit einer beinahe arthousigen Bedeutungschwangerheit angeht, schrammt dieser durchgehend an der Grenze zur Unfreiwilligen Komik entlang. (Das wird auch nicht besser durch Einbringung der zerrütteten Beziehung von David Dunn und seiner Frau, der Physiotherapeutin Audrey.) Will sagen: Mit etwas mehr Mut zu Witz und Humor würde UNBREAKABLE sehr viel besser funktionieren. Es mag auch dramaturgisch ungeschickt sein, den ganzen Film mit Dunns Erkenntnisprozess zuzubringen und erst kurz vor Torschluss einen Antagonisten einzuführen.
Aber dessen ungeachtet: Die Story ist alles andere als uninteressant und bietet eine Sicht auf das Superheldengenre, die zumindest ich in der Form noch nie gesehen habe. Und wenn alle Stricke reissen, kann Shyamalan immer noch mit einem hübsch fiesen Endtwist aufwarten.
Die Inszenierung weist die typischen Shyamalan-Trademarks auf: Lange, ruhige Einstellungen, meist nur mit subtilen Kamerabewegungen oder gar rein statisch gefilmt. Ab und zu wird's aber auch etwas dynamischer (siehe beispielsweise die Eingangssequenz, welche die Geburt von Price zeigt und mit der Handkamera gefilmt wird - in der Szene drückt sich Shyamalan übrigens auch geschickt um das klassische Schnitt/Gegenschnitt-Schema, indem er einen grossen Wandspiegel einbindet), zudem gibt's ungewöhnliche Kamerawinkel und den Einsatz von subjektiver Kamera (wenn der Filmpparat im Zug Dunn und sein Flirtopfer aus der Sicht eines kleinen Mädchens beobachtet oder aus dem Blickwinkel von Dunns Sohn Joseph kopfüber den Fernseher ins Bild nimmt). Eher wieder etwas unbeholfen sind ein paar experimentelle Kamerabewegungen (wenn der junge Price das Comicheft herumdreht und der Filmapparat der Bewegung folgt, oder wenn die Kamera beim Gewichtheben die Rauf- und Runterbewegung mitmacht).
Auffällig (und durchsichtig) der häufige Einsatz des „Das sollten sie sich mal ansehen"-Schemas: Mit Informationen wird zwecks eines dramatischen Effekts nur zögerlich herausgerückt. (So zum Beispiel, wenn der Arzt Dunn verklickert, dass er der einzige Überlebende ist, oder wenn Dunn herausfindet, dass er noch nie krank war.)
Grosse Action Set Pieces finden sich übrigens nicht ein, selbst das Zugunglück wird nur angedeutet. Auch übermässige Brutalitäten sucht man vergebens.
Nicht nehmen lassen hat sich Shyamalan - bei der Thematik verständlich - ein paar Comic-Insiders; siehe den Namen der Hauptperson (David Dunn ist eine Alliteration, vergleichbar mit Peter Parker, Bruce Banner oder Clark Kent) oder das Farbschema von Dunn (grün) und Price (violett).
Der Score von Komponist James Newton Howard (hat seit THE SIXTH SENSE jeden Shyamalan-Film vertont, lieferte zudem die Musik für FALLING DOWN, HIDALGO oder KING KONG) ist von der klassischen Sorte mit ein paar modernen Einschlägen, trägt manchmal etwas zu dick auf und ist nicht besonders einprägsam.
Superstar Bruce Willis (der ja bereits in THE SIXTH SENSE die Hauptrolle gab) spielt David Dunn, der nicht nur einfach seine Superkräfte, sondern damit auch den Sinn seines Lebens entdeckt, was ihn zu einem glücklicheren Menschen macht; infolge dessen kommt er auch wieder mit seiner Frau zusammen, mit der er sich Anfangs schon im Vorstadium zur Scheidung befindet. Wunderbar für ihn. Probleme hab ich damit, dass Willis beinahe durchgehend wie ein apathischer Klotz ohne Gefühlsregungen rüberkommt. Klar, sein Charakter ist ein emotional zurückhaltender welcher, aber trotzdem...
Audrey Dunn wird dargestellt von Robin Wright Penn (TOYS, FORREST GUMP), welche das richtige Gleichgewicht findet zwischen Emotionalität und Zurückgenommenheit. Spencer Treat Clark gehört glücklicherweise zu der Sorte Kinderdarsteller, die einem nicht per se auf die Nerven geht. Allerdings halte ich seinen Charakter nicht wirklich für notwendig, besonders mit seiner gezwungenen Staunerei angesichts der Fähigkeiten seines Vaters, die ihn wie eine Figur aus einem Spielberg-Film wirken lässt.
Samuel L. Jackson (PULP FICITON, SNAKES ON A PLANE) ist als Elijah Price vielleicht auch eine Spur zu phlegmatisch, aber sein Charakter ist gut geschrieben und entwickelt sich nachvollziehbar, ausgehend von seiner Krankheit (wirklich schmerzlich die Szene, in der er eine Treppe hinunterstürzt), die zu seiner Besessenheit für Comics (seine Mutter schenkte ihm solche als Belohnung, wenn er sich aus der Wohnung traute, statt sich zu verkriechen) und schliesslich zu seinen psychischen Problemen führt. Wirklich scheusslich ist aber seine Pudelfrisur (und sein Lederkittel ist auch nicht das gelbe vom Ei).
In einen Kurzauftritt als Drogendealer gibt sich auch Regisseur Shyamalan persönlich die Ehre.
Fazit: UNBREAKABLE hat grosse Schwierigkeiten, was die Balance zwischen durchgeknallter Prämisse und Ernsthaftigkeit angeht, ist aber trotz dieser Probleme und trotz seiner ruhigen Gangart ganz unterhaltsam, wird nicht wirklich langweilig und hat immerhin Bruce Willis und Samuel L. Jackson in den Hauptrollen. Mit etwas weniger aufgesetzter Bedeutungsschwangerheit und etwas mehr Ironie wäre der Film sicher besser geworden, aber er könnte auch weitaus schlimmer sein.