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Zwei Regisseure waren es, die Stephen Kings TV-Verfilmungen prägen sollten. Zum einen war das Mick Garris, der mit TV-Mehrteilern wie "The Stand" (auf den sich diese Besprechung bezieht) und "The Shining", Kings Geschichten in wunderbare Bilder eintauchen ließ und für ordentliches Spannungspotenzial sorgte. Allerdings waren bei beiden Filmen einige Längen nicht ganz zu übersehen. Diese konnte dann Craig R. Baxley, mit seinen grandiosen TV-Verfilmungen "Haus der Verdammnis" und (vor allem) "Sturm des Jahrhunderts" wunderbar überretuschieren, was aber auch daran gelegen haben dürfte, dass er sich bei diesen Filmen "nur" mit reinen Screenplays des King beschäftigte, während Garris Drehbücher verfilmte, die der King auf seinen Romanen basieren ließ. So auch "The Stand", der als so ziemlich der erste kingsche Straßenfeger galt und in Amerika für absolute Traumquoten sorgte. Was beim Anblick des Mammutwerks aber auch kein Wunder ist, denn "The Stand" ist wirklich 5 1/2-Stunden spannende Filmunterhaltung, die eben nur mit einigen Längen zu kämpfen hat.

Erst einmal vorweg: Ich habe das Buch bis dato noch nicht gelesen, da ich mich (leider) nur selten von Büchern unterhalten lasse. Daher kann ich auf etwaige Unterschiede zwischen Buch und Film nicht wirklich eingehen, was aber anscheinend auch besser ist, da viele Fans des Buches vom Film leicht enttäuscht sind. Völlig nüchtern und ohne Vorkenntnisse betrachtet kann ich das Drehbuch von King aber wieder nur als gelungen bezeichnen. Die Geschichte um einen Virus, der die ganze Menschheit ausrottet und nur eine (vergleichsweise) kleine Gruppe ungeschont lässt, welche sich dann später auch noch mit einem Teufels-Abziehbild namens Randall Flagg herumschlagen muss, ist bis zum letzten Atemzug spannend und interessant durchdacht worden. Charaktere-Zeichnung und Einführung in die Geschichte sind, wie vom King gewöhnt, mal wieder sehr ausführlich geworden, bleiben aber eigentlich durchweg auf höchst interessanten und durchaus auch glaubwürdigem Niveau. Und wenn die Charaktere dann bekannt sind und der Eingang in die Story abgeschlossen ist, dann gibt es immer noch genug fantastischen Stoff, um den Zuschauer bei Laune zu halten.

Dabei dreht King vor allem die Atmosphären-Schraube hier mitunter so dicht, dass es Zeitweise kaum noch auszuhalten ist. Seine Endzeit-Story beginnt mit einem Knall, um dann stetig und konstant die triste und verstörende Endzeit-Atmosphäre zu steigern, die man so intensiv wohl erst wieder bei "28 days later" zu spüren kriegen sollte. Wenn sich die Figuren in einer menschenleeren Welt wiederfinden, in der sich sich links und rechts die Leichen stapeln und vorerst überhaupt nicht klar ist, in was für eine Richtung sich das Treiben eigentlich bewegen wird, dann ist wohlig schaurige Unterhaltung garantiert.

Aber auch die vielen unterschiedlichen Reisen der Figuren sorgen für Spannung. Schon bei der anfänglichen Reise zur mysteriösen Mother Abigail, die den Überlebenden in merkwürdigen Träumen erschienen ist, werde viele interessante kleine Episoden von Leuten erzählt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Danach der Aufbruch einzelner Ausgewählter, die Randall Flagg, dem offensichtlichen Bösen in weiter Ferne, ausspionieren sollen und zum Schluss der Gang mehrerer Männer zum Kampf gegen Flagg, der dann allerdings mit einer cleveren Wendung zu Ende geht, die man so sicher nicht erwartet hätte. Und gerade diese Kniffe sind es, weshalb "The Stand" seinen Pulver auch nach bereits vielen Stunden Film noch nicht verschossen hat.

Nicht ganz zu kaschieren sind aber dennoch einige Längen in dem Treiben. Auch wenn es, wie schon erwähnt, wirklich bis zum Schluss spannend und interessant bleibt, so haben sich in diesem Epos doch ab und an einige Szenen eingeschlichen, die man schlichtweg kompakter hätte lösen können (auch wenn das die Fans des Buches sicher nicht gerne hören wollen). Zudem sind die Dialoge manchmal etwas sehr pathetisch ausgefallen und wirken mitunter auch recht weit hergeholt. Vor allem das ewige "Gott hat es so gewollt" oder "Das ist Gottes Wille und dem müssen wir uns beugen", kann einem (selbst als Christ) irgendwann höllisch auf die Nerven gehen. Aber alles in allem sind das doch nur kleinere Mankos in einem übergroßen Werk.

Nun ist es aber auch nicht nur die Geschichte, die hier so wunderbar geworden ist, auch die ganze Inszenierung seitens Garris hat es in sich. Schon bei den "Sleepwalkers" bewies er sein Gespür für einen schön-schaurigen Inszenierungsstil und auch "The Stand" besitzt davon reichlich. Egal ob es der Einsatz mitunter unglaublich kühl wirkender Farbfilter ist, die Auswahl der Kulissen, die, für damalige TV-Verhältnisse, recht schicken Spezialeffekte oder nur der grandiose Score. Für ein wunderbar atmosphärisches und fröstelndes Drumherum hat Garris jedenfalls wirklich alles richtig gemacht, so das man sich bei seinen heutigen Werken, wie dem recht biederen "Chocolate" der MoH-Reihe, doch ein wenig wundert, warum er dies heutzutage nicht mehr hinkriegt. Hier klappte es jedenfalls wunderbar.

Abgerundet wird das wirklich prächtige TV-Erlebnis aber nun noch von einer Darstellercrew, die man nicht besser hätte auswählen können. Ein wunderbares Ensemble großer und kleiner (B-)Movie-Stars, die hier ihre Parts allesamt absolut wunderbar absolvieren. Da hätten wir z. Bsp. Gary Sinise, Molly Ringwald, Miguel Ferrer, Matt Frewer, Max Wright und Rob Lowe, nur um mal ein paar wenige zu nennen. Doch man kann keinen von ihnen wirklich herauspicken, da sie wirklich alle große klasse in dem sind, was sie hier tun. Höchstens Jamey Sheridan als Oberbösewicht ist eine besondere Heraushebung wert, da er den genauso coolen wie bösartigen Randall Flagg wirklich so hinreißend spielt, dass man ihm nach diesem Streifen wohl nicht mehr auf der Straße begegnen möchte.;) Nur Colm Feore als Andre Linoge im "Sturm des Jahrhunderts" war da vielleicht noch besser!

Fazit: Kings erster wirklicher Straßenfeger in Sachen TV-Unterhaltung ist ein ultraspannendes und extrem atmosphärisches Schauerstück geworden, dem man sich als King-Fan nicht entziehen kann. Die apokalyptische Story kann von vorne bis hinten überzeugen und die Umsetzung durch Mick Garris schäumt nur so vor Atmosphäre und Spannung über. Auch wenn sich in den 345 Minuten Spielzeit doch die ein oder andere Länge einschleicht und die Dialoge manchmal etwas zu Gottesfürchtig und gestellt daherkommen, so ist und bleibt "The Stand" dennoch ein TV-Mehrteiler, den man sich immer wieder ansehen kann. Auch wenn die späteren King-TV-Filme von Baxley, in meinen Augen, noch einen zacken besser waren, so ist und bleibt "The Stand" ein Meilenstein in Sachen Fernsehfilm-Unterhaltung!

Wertung: 8,5/10 Punkte

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