Es gibt manchmal Tage, an denen ich ratlos und mit zittrigen Händen mitten in der Videothek stehe und merke, dass alles Neue, was ich mir ausleihen könnte, entweder bei dem Studenten-Fuzzi vorne an der Theke läuft oder die Tatsache, dass schon alles vergriffen ist.
Schweißgebadet schleich ich mich dann in die Reihe der Marke "Oskar-Filme". Mit dem Gewissen, als würde ich vielleicht von Kumpels erwischt werden, wie ich mir gerade den perversesten SM-Porno ausleihe und mit dem Wissen, das ich den Film von vornerein nicht abkann, weil mir die Inhaltsangabe schon nicht zusagt und die im Vorfeld pseudointellektuelle Lobhudelei im Internet von den Oberen Zehn über den Film schon auf die Nüsse ging.
Meistens ist es dann auch so, wie mein Gefühl es mir voraussagt: Ich schau mir den Film an, denke, ob ich vielleicht doch wieder zu halluzinogenen Pilzen greifen oder mit dem Kiffen wieder anfangen sollte, damit ich auch irgendwie "Spaß" haben kann. Es gibt zwar Glücksfälle, bei denen ich im Nachhinein froh war, einen tollen - etwas anderen - Film gesehen zu haben, aber das sind nur die Ausnahmen. "American Hustle" schlägt natürlich in die Kerbe "unterhaltungstechnisch ungeeignet".
Auf die Story will ich diesmal nicht groß eingehen: Das Trickbetrüger-Pärchen Irving Rosenfeld (Christian Bale) und Sydney Prosser (Amy Adams) bescheißen hilflose, kreditunwürdige Leute. Sie bieten ihnen einen Kredit an, den sie mit Absicht niemals auszahlen werden, aber streichen im Vorfeld schon mal die 5000 Dollar Bearbeitungsgebühr ein. Dies geht so lange gut, bis ihnen FBI-Agent Richie Di Maso (Bradley Cooper) auf die Schliche kommt. Di Maso bietet den beiden einen Deal an: Das Pärchen soll ihm fünf größere Betrüger liefern. Und so beginnt ein Spiel mit einem gefakten Scheich und die erste Anlaufstelle ist der Politiker Carmine Polito (Jeremy Renner), der in New Jersey gerade das Glücksspiel legalisiert hat...
Gut, im Nachhinein muss ich zugeben, dass nicht alles schlecht an diesem Film war. Wir haben hier ein Ensemble an hervorragenden Schauspielern (allen voran Christian Bale), das um ihr Leben spielt. Es ist eine fast wahre Geschichte und eben Charakterstudie, die etwas mehr Zeit beansprucht, seine Charaktere vorzustellen, was im weiteren Filmverlauf immer erweitert wird. Aber von solchen Sachen kann ich mir nichts kaufen, wenn mich der scheiß Film nicht bei Laune hält.
Ich stell mich mal selber dumm: Ich weiß nicht, was alles wahr ist an der Story (bis auf die Festnahmen natürlich) und was hinzuerfunden wurde, aber die Story ist für mich mit einer Laufzeit von 132 Minuten viel zu dürftig. Vorallem braucht der Film eine Ewigkeit, überhaupt mal in Schwung zu kommen, denn die ersten sechzig Minuten hätte ich auch nebenbei Bügeln können. Nicht, dass da nichts passiert, aber mir fehlen die benötigten Klischees, die ich einfach brauche um mit einem Film warm zu werden. Bale, Adams und Cooper spielen Figuren, die absolut nicht sympathisch sind. Richtige Arschgeigen eben. Nebenher ist Bales Charakter noch mit Rosalyn (Jennifer Lawrence) verheiratet und das ist so eine Art On/Off-Beziehung. Das Stichwort "Beziehung" spielt für mich neben den unsympathischen Charakteren auch noch eine große Rolle: Ständig wird hier in sämtlichen Konstellationen gefummelt und später weiß man überhaupt nicht mehr, wer jetzt mit wem... Das wird erst wieder ganz am Schluss deutlich und ich will hier nicht von einem äußerst ausgeklügelten Drehbuch sprechen und kann mir nicht vorstellen, dass das alles so gewollt ist, wie es rüberkommt. Der einzige sympathische Mensch ist Jeremy Renner, der einen Politiker spielt, der sich stark für die Armen in seiner Hood einsetzt - natürlich streicht er hier und da mal unversteuerte "Geschenke" für sich ein. Aber in der Verhältnismäßigkeit ist dieser Charakter ein guter Mensch.
Des Weiteren gibt es hier und da wtf-Momente, aber diese sind sehr rar gesät und bei keinem dieser Momente wird ein Erdbeben spürbar, sondern man hat einfach das Gefühl, dass solche Szenen einfach nur dazu dienen, nicht einzuschlafen.
Ich bewerte nicht nach einem einmaligen "Erlebnis" sondern einfach nach dem Gefühl, ob ich mir einen Film wieder anschauen kann. Selbst wenn ich danach gehe, ob ein Film pädagogisch oder für die Zeitgeschichte wertvoll ist, würde ich da maximal einen Punkt höher kommen. Die wenigen Ausnahmen bei Mistfilmen, die ich mache, sind Filme, die ein Genre prägen. Und das tut "American Hustle" mit Sicherheit nicht.
Für zehn Oscars nominiert u.a. auch für "Bester Film" ??? Meine Fresse...
4/10