1975 bat Italo-Regisseur Umberto Lenzi („Großangriff der Zombies“, „Lebendig gefressen“) ins „Labyrinth des Schreckens“, genauer: nach Barcelona, wo eine per Bus reisende Touristengruppe auf die Attraktionen der Stadt ein Auge werfen möchte, nach Giallo-Manier aber nach und nach dezimiert wird. Wir haben es also mit einem „Urlaubs-Giallo“ zu tun, der in der sonnigen Hauptstadt Kataloniens die Frage nach dem Täter aufwirft, der bekleidet mit einem roten Regenmantel gerne auch seinen Opfern ein Auge entfernt. Identität und Motiv sind unbekannt und die hiesige Polizei auf beiden Augen blind, behält die Reisegruppe aber trotzdem im Auge.
Verdächtig macht sich im Prinzip jeder; über allem schwebt aber eine völlig überbetonte falsche Fährte, die zur Frau des Reiseleiters Mark (John Richardson, „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, „Torso“) führt. In sonnigen Bildern kredenzt uns Lenzi eine Gruppe debil wirkender, flach gezeichneter Charaktere, die zusammen mit der schluderig und schnell heruntergekurbelt wirkenden Machart des Films keine angenehm geheimnisumwitterte Giallo-Atmosphäre aufkommen lassen und „Labyrinth des Schreckens“ näher an Hape Kerkelings „Club Las Piranjas“ als an Argentos „Profondo Rosso“ erscheinen lassen. Die Mordszenen hätte beispielsweise ein Lucio Fulci sicherlich besser hinbekommen, doch da kann man ruhig noch ein Auge zudrücken. Schwerer fällt das angesichts zahlreicher unsinniger und langatmiger Streckszenen, die mit ihrem Geplänkel den Trash-Charakter des Films unterstreichen. Das Fehlen einer klar als solche erkennbaren Hauptrolle verwundert; selbst Mark, der sich Giallo-typisch partout nicht an ein wichtiges Detail erinnern kann, während er ein Geschehnis aus seiner Vergangenheit vor dem geistigen Auge Revue passieren lässt, scheint über weite Strecken im Strudel der seltsamen Handlung recht unterrepräsentiert. Die Reisegruppe indes zieht augenscheinlich unbeeindruckt weiter und lässt sich ihren Urlaub nicht verderben…
Somit hätte das alles durchaus ins Auge gehen können, doch der flotte Soundtrack schmeichelt den Ohren und etwas Sleaze bietet was fürs Auge, inkl. der obligatorischen Lesbierinnen. Das Geheimnis um den Täter hütet Lenzi bis zum Schluss wie seinen Augapfel, um es letztlich in einem wahnsinnigen, kruden Finale zu lüften und abermals ein an den Haaren herbeigezogenes, psychopathologisches Motiv zu offenbaren.
Das macht natürlich Laune und hätte man in den zahlreichen Handlungsabschnitten zwischen Gewalt und Sleaze etwas mehr Einfallsreichtum bewiesen, wäre „Labyrinth des Schreckens“ mit Sicherheit ein herrlich unterhaltsamer Giallo-Schnellschuss geworden. So aber muss man sich immer wieder durch minutenlanges, dümmliches Gelaber hangeln, bis es wieder so richtig vergnüglich wird. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, sollte aber ruhig mal ein Auge riskieren!