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Anfang des neuen Jahrtausends fiel die relativ unbekannte B-Movie-Schmiede American Cinema International mit Sorgfalt und Können innerhalb einer Lawine schrottiger, hastig heruntergekurbelter B-Produktionen auf. Der Output des Studios hielt sich in Grenzen. Dafür legten sie aber Wert auf Qualität. Neben ihrem fulminantem Aushängeschild „The Elite“ (von Terry Cunningham) und dem immerhin soliden „Power Play“ (von Joseph Zito) gehört auch „Phase IV“ zu dieser zu kurzen Reihe gelungener B-Movies.
Es ist wirklich schade, dass die beiden Bosse George Shamieh und Chevonne O'Shaughnessy (beide früher bei P.M. Entertainment) diese vielversprechende Geschäftsstrategie nicht weiter verfolgten und sich stattdessen wenig später auf die Vermarktung und Veröffentlichung schwächerer Fremdfilme festlegten. Das beabsichtigte Niveau rechnete sich wohl doch nicht.

Abermals wurde auch für „Phase IV“ ein talentierter Regisseur verpflichtet. Bryan Goeres („Face of Terror“, „Crusader”) verdiente sich seine Sporen in den Neunzigern ausgerechnet als Regieassistent bei P.M. Entertainment. Das selbe gilt auch für Second Unit Director Spiro Razatos, denn der besorgt die zwei imposanten Autostunts und das sieht man ihnen auch an.
Das leider ein paar Schwächen offenbarende Drehbuch hat Goeres darüber hinaus fest im Griff, mit genügend Tempo erzählt er auch und weil die Darsteller fleißig darum bemüht sind sich keine Blöße zu geben, hinterlässt sein Regiedebüt auch den zufriedenstellenden Eindruck eines professionellen B-Movies bei dessen Dreharbeiten nicht ständig der Rotstift angesetzt werden musste.

Ausgerechnet der fast immer sympathisch seine Rolle darbietende Dean Cain („Best Men“, „Firetrap“) übernimmt den Part des angehenden Sportjournalisten Simon Tate, der mit knapp 30 und einem lädierten Knie dem Football nicht Adieu sagen kann und weiter hart beim College-Football an sich arbeitet, obwohl der Karrierezug längst abgefahren ist, weil er wegen der Einnahme von Stereoiden gesperrt wurde.
Auch wenn Cain nie der große Schauspieler war und nach der Einstellung von „Lois & Clark: The New Adventures of Superman“ postwendend in B-Movies versank, kann der Mime sich mit soliden Vorstellungen gut über Wasser halten und heuert neben den gewöhnlichen Ausfällen immer wieder in bessere Produktionen an. Den Grund dafür zeigt auch „Phase IV“, der Dean Cain mit der genregemäßen Militärvergangenheit ausstattet und zum tapferen Kämpfer für die Wahrheit umfunktioniert, ohne dass Cain als Führungsfigur bei seinem Alleingang einen unglaubwürdigen Eindruck hinterlässt. Den verbissenen Sportsmann kauft man ihm genauso ab, wie später den einfallsreichen Einzelkämpfer. Cain ist eine Art multifunktionaler Akteur ohne großartige Fähigkeiten, den man aber in fast jeder Rolle richtig verkaufen kann, wenn man sich nur geschickt genug anstellt.

Das Drehbuch bemüht sich auch nach Kräften Tate genau diesen Typen entsprechen zu lassen. Als Dr. Ben Roanic (Stephen Coats), ein befreundeter Arzt nämlich des Mordes an einer Studentin verdächtigt und auf der Flucht tödlich verletzt wird, nimmt Tate sich für seine Zeitung des Falls unter der Berücksichtigung seines persönlichen Interesses an. Er sprach noch kurz mit Roanic vor seinem Tod, kann dessen Schuld nicht glauben und forscht neugierig weiter. Seine Recherchen sieht ein mächtiger Pharmakonzern indes nicht gern und schickt ihm seine Handlanger fürs Grobe auf den Hals...

Die überraschend spannend wiedergegebene Geschichte überzeugt nicht nur mit einem professionellem Anstrich sondern auch einem gesunden Tempo, das Action und Story gut im Auge behält anstatt eine der beiden Tragelemente überzubewerten. Schon in einer frühen Phase des Films sorgt eine überlange und tödliche endende Hetzjagd für Kurzweil, während Tate erst einmal seine Prioritäten klären muss. Sonst zu oft immer sauer aufstoßen lassende Szenen im trauten Heim mit Frau und Kind hält „Phase IV“ darüber hinaus kurz und legt mehr Wert auf Action. Zum Einstieg kredenzt Goeres gleich eine gut inszenierte Verfolgungsjagd mit etwas zu billig getrickstem Ende. Später dominieren einige zwar nicht extravagant choreographierte, wohl aber flotte und abwechslungsreiche Prügeleien (z.B. gegen die Weihnachtsmänner), eine sehr schicke Explosion und die obligatorischen Autoverfolgungsjagden (auch gern mal per Helikopter) das Bild. Dass dabei weit und breit kein Stock Footage zu sehen ist, gereicht dem Film natürlich sehr zum Vorteil. Los ist jedenfalls so einiges und langweilen tut das Szenario auch nicht.

Leider enttäuscht die skrupellose Gegenpartei ein wenig, werden deren ausgesandte Schläger doch von Brian Bosworth („Stone Cold“, „One Tough Bastard“), den man so blass und ausdruckslos gar nicht kennt, ein wenig halbherzig angeführt.
Seine Crew teilweise etwas unglaubwürdiger Wirrköpfe kann zudem nach Belieben walten und schalten und der Polizei nach Belieben sogar Befehle erteilen, als hätte man ihnen einen Lizenz für alle möglichen Straftaten ausgehändigt. Die Jungs stellen im Verlauf des Films wirklich einiges an, um Tate mundtot zustellen, werden dafür aber nie belangt, auch wenn sich Gesetzeshüter in der Nähe aufhalten, was dann doch ein paar Fragezeichen hinterlässt.

Der überraschende und recht kniffelige Fortschritt der Geschichte kann dieses Manko aber soweit vergessen machen, weil Tate nicht lange im Dunkeln tappt sondern mithilfe mysteriöser Pillen einen ersten Zeugen ausmacht, der viel Licht in die trübe Angelegenheit bringt, so dass der Reporter sich mit der einflussreichen Mutter des ermordeten Opfers zusammentun kann, die ihn nach seiner zwischenzeitlichen Verhaftung weiterhilft. Eine scheinbar zufällige Reihe von Toden scheint nämlich so zufällig nicht gewesen zu sein.

Dass den Gegnern wieder nicht viel mehr einfällt als etwaige Zeugen und Beweise auf eine Art und Weise zu vernichten, dass sie keine Hilfe mehr darstellen können und schließlich auch noch Tates Familie entführen, weil so eine Maßnahme aus Druckmittel eigentlich immer gut zieht, muss den zumindest in dieser Hinsicht den einfallslosen Drehbuchautoren angekreidet werden. Gleiches gilt auch für das elektrisierenden Brutzel-Finale auf dem Footballfeld, das ich persönlich trotz gelungener Tricktechnik und MacGyver-Gimmick ziemlich enttäuschend fand. Auch die wahnwitzigen Kenntnisse der Mutter in Bezug auf Bildbearbeitung waren etwas weit hergeholt.

Anhänger gepflegter B-Actionthriller machen mit dem Griff zu „Phase IV“ letztlich dennoch nichts falsch. Ein Genrehighlight gelang Bryan Goeres gewiss nicht, aber gerade mit dem Wissen im Hinterkopf, dass die Macher früher einmal für P.M. Entertainment arbeiteten, kann der Film viel Spaß machen und lässt dabei einige sehr typische Merkmale des ehemaligen Filmstudios erkennen (u.a. die idyllischen Vorstadthäuser der Familie).
Darüber hinaus könnte das Geschehen sicherlich eine Portion mehr Action vertragen, aber was dann von Autostunts über Prügeleien bis hin zu Explosionen und Schießereien aufgetischt wird, schaut überzeugend aus.
Immerhin glänzt der wenig innovative Plot mit einem konstant soliden Spannungsbogen, den man so effektiv umgesetzt leider auch nur selten in einem B-Movie anfindet.


Fazit:
Gut ausschauender B-Actionthriller mit verhältnismäßig überzeugenden Akteuren, gelungenen Actioneinlagen und einer spannenden Story, wie keine Neuerungen bietet, aber temporeich abläuft. Dean Cain agiert solide wie fast immer, aber Bosworth könnte besser sein. Angesichts des sonst genreüblichen Ablaufs, indem sich ein unfreiwillig zum filmischen Helden auserkorener Recke gegen eine Armada Henchmen, ausgesandt vom mysteriösen, skrupellosen Konzern im Hintergrund, erwehrt, allemal eine brauchbare Alternative mit Schmankerln von Spiro Razatos.

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