"Na endlich hab' ich den auch mal abgehakt!" Wenn ein Film auf meiner Watchlist landet zieht das nicht zwangsläufig große Begeisterung nach sich: oftmals verirren sich auf jener Liste in meinem Fall oft jene verschrienen Streifen, die man gesehen haben "muss", weil sie für Fans des abseitigen Filmes nunmal zum Kanon gehören, ob zu Recht oder Unrecht, das variiert von Film zu Film. Im Falle von "Thriller", den ich vor etwas mehr als zehn Jahren mal im Schnelldurchlauf in der englischen (und verpornten) Fassung gesehen habe war ich positiv überrascht, da der Film trotz hauchdünner Handlung großartig inszeniert ist. Neben dem Rape & Revenge - Aspekt hat der Film im Laufe der Jahre auch mit dem miserablen Ruf seines Regisseurs zu k(r)ämpfen gehabt, der nun wie es scheint als hauptberuflicher Tantiemeneintreiber seinen einzigen FIlmerfolg noch später ausmolk, notfalls mit beleidigenden Erpressermails. Als ob das Image des Films nicht schon jahrzehntelang scheiße genug war...
Die unschuldige Szene, mit der der selbst ernannte unbarmherzige Film beginnt schlägt binnen Sekunden ins krasse Gegenteil um: die vierjährige Frigga, zu Beginn des Filmes mit einem infantilen alten Mann spielend, wird von der pädophilen Bestie missbraucht. Den Göttern sie Dank erspart uns Vibenius Details, die fiese Fresse des Täters mit dem irren Muppetblick aus Friggas Egoperspektive ist auch fies und vielsagend genug. Jahre später ist die junge Frau von dem Ereignis noch immer gebrochen und lebt mutistisch und zurückgezogen auf dem Bauernhof ihrer Eltern, wo ihr Arbeitsalltag nur gelegentliche Unterbrechung in ihren Therapiestunden findet.
Als sie den Bus zu eben jener verpasst bietet der vermeidlich charmante Playboy Tony ihr eine Mitfahrgelegenheit an. Nichtsahnend, dass der alte Lackaffe ein Handelsreisender in Sachen Prostitution ist und den flüssigen Knebelvertrag in Form von Heroin stehts in der Tasche hat kommt Frigga mit, begleitet den hübschen Fremden nach der Sitzung in seine Wohnung und findet sich bereits am nächsten Tag verdrogt im Zeufelskreis aus Sucht und Prostitution wieder. Der gemeinsame Suizid der trauernden Eltern und der Tod von Leidensgenossin Sally lässt die junge Frau dann endlich aus ihrer Schockstarre aufschrecken: in ihrer kargen Freizeit zwischen Kunden und Schüssen beginnt Frigga ein Karatetraining, macht den Führerschein bei einem Rallyfahrer und absolviert eine Schußwaffenausbildung. Für Tony und ihre Stammkunden ist sie nunmehr eine enrstzunehmende Bedrohung.
Apropos Bedrohung: Assi - Tony, der wohl schlechteste Zuhälter der Filmgeschichte, stellt ohne die regelmäßigen Heroingaben keine solche dar und man fragt sich, warum der Trottel keine Schergen zur Überwachung seines kleinen Dorfpuffs angeheuert hat. Nur so kann ich mir erklären, dass Frigga munter Geld für ihre Unterrichtsstunden unterschlagen kann. Davon abgesehen geht das Rezept von Thriller aber auf: Friggas Leidensweg ist eine wahre Höllenspirale, grausam und repetativ und der Film ist trotzdem kein bischen langweilig, auch wenn das finale Drittel mit dem Rachefeldzug deutlich hervorsticht. Zwischen diesem und Friggas Zwangsrekrutierung passiert ehrlicherweise nicht allzu viel interessantes, sieht man von den Annäherungen zwischen Sally und Frigga mal ab. Mittlerweile frage ich mich allerdings, ob derartige Längen nicht vielleicht auch ein gewisses Stilmittel in diesem verhassten Subgenre sind, um das Leid der Protagonistinnen zu verdeutlichen, dem jeweiligen Teufelskreis für den Zuschauer spürbar zu machen.
Trotz gewisser Parallelen und der großartigen Kameraarbeit sollte man sich das Geschehen hier aber nicht als große Kunst verkaufen lassen. Ehrlicherweise deuten darauf auch schon die Hardcoreeinschübe der Originalfassung hin, die Vibenius wohl eher aus finanziellem Kalkühl eingeworfen hat. Das hier ist immer noch ein reiner äehm... "Unterhaltungsfilm"; wobei man sich hier deutlich vom mitunter unfähigen Exploitationkino abhebt: auch ohne Worte spielt Christina Lindberg ihre Rolle großartig und die Verwandlung der kindlich wirkenden Bauerntochter zum lederbemantelten schwarzen Todesengel ist sehr überzeugend. Ebenso tut die Wortkargheit und der Mangel an Filmmusik im klassischen Sinne des Wortes Musik dem Film eher gut als dass er ihm schadet: hier dominiert vor allem Krach aus dem Synthesizer, im Delay ertrinkende Schreie und Geräusche und nur gelegentlich wird eine fröhlich - volkstümlich wirkende Melodie angespielt, wobei Friggas endgültige Reinkarnation als kaltblütige Mörderin mit entsprechendem musikalischen Pathos untermalt wird. Bonuspunkte gibt es dafür, dass Friggas gesamtes Training eine tragende Rolle im Finale spielt: ihre Stammfreier erlegt sie per Schrotflinte und Pistole, teilweise nach längeren Verfolgungsjagden, die unschuldigen Polizisten, die nichts von ihrem Märtyrium wissen und ihr hinterherjagen hingegen werden nur per Karate gen Ohnmacht geprügelt, damit Frigga entkommen kann - im Übrigen keine komplexe, aber intensive Actionszene!
Abzüge kann ich hier nur für einige Skurrilitäten geben, die mir als Trashfan zwar ein Lächeln ins Gesicht zaubern, die aber auch die Ernsthaftigkeit des Stoffes untergraben. Wozu auch immer, aber Vibenius fand es offenbar witzig, seine Protagonistin die Fensterscheibe eines kiebigen Truckers einschießen zu lassen und der irre Blick des Rapemuppets zu Filmbeginn sowie dessen anschließendes "Friedensangebot" in Form eines Ahornblattes wirken so derartig deplatziert, dass man den Film schon fast abbrechen will. Auch der zwischendurch aufflammende Bergmann - Pathos, beispielsweise in der Abschiedsszene der Eltern, kommt völlig aus dem Nichts und führt beinahe schon in selbiges. Davon abgesehen muss ich and der Stelle zugeben, den Film unterschätzt zu haben. Wenn man hier kein fröhliches Lustspiel oder eine zünftige Exploitationgaudi erwartet ist "Thriller" ein durchaus unbarmherziger, aber in seiner Klasse hervorragender Film. Dennoch rate ich an, den Untertitel des Filmes durchaus als Warnung zu verstehen: empfindliche Gemüter können auch ohne Hardcoreszenen und die berühmte Augenszene leicht getriggert werden.