Vielleicht lag es an der Popularität von „Bad Santa“, „Bad Teacher“ und „Superbad“, aber mittlerweile werden US-Komödien vom deutschen Verleih gerne mit besagtem Attribut versehen um cooler zu wirken: Aus „The Sitter“ wurde „Bad Sitter“, „Neighbors“ heißt hier nun „Bad Neighbors“.
Dabei gibt es anfangs noch keinen Grund böse auf irgendeinen Nachbarn zu sein: Mac (Seth Rogen) und Kelly Radner (Rose Byrne) sind junge Eltern, die immer noch gelegentlich kiffen, trotz Baby das Sexualleben aufrecht erhalten wollen und gerne feiern gehen möchten – auch sie bei ihren jugendlich gemeinten Vorhaben manchmal die Realität einholt. Eines wollen sie garantiert nicht sein: Spießer. Mit allzu betonter Lässigkeit winkt man zwei jungen Männern zu, die sich für das leere Haus nebenan interessieren, ein schwules Paar, so scheint es, da kann man doch gleich mal zeigen wie liberal man ist.
Beim Einzug der neuen Nachbarn zeigt sich allerdings, dass es sich um kein schwules Paar handelte, sondern zwei Abgesandte der Studentenverbindung Delta Psi Beta. Verbindungspräsident Teddy (Zac Efron), Vizepräsident Pete (Dave Franco), Scoonie (Christopher Mintz-Plasse) und wie sie alle heißen erscheinen auch als nette Leute, also geben sich Mac und Kelly erneut als betont jugendliche, doch irgendwie peinliche Nicht-Spießer, um die Studenten zu begrüßen, bei Einweihungsparty mitzufeiern und gleichzeitig wenig subtil darauf hinzuweisen, dass sie doch gerne Ruhe in der Nachbarschaft hätten. Die Altersunterschiede sind nicht eklatant, betragen vielleicht zehn Jahre, doch beide Parteien haben das Gefühl gänzlich verschiedenen Generationen anzugehören – und beide haben natürlich das Gefühl im Recht zu sein.
Als Mac während einer späteren Party der Verbindung die Polizei ruft, obwohl er versprochen hatte dies nicht zu tun, eskaliert die Lage, denn Delta Psi Beta erklärt den Nachbarn den Krieg. Doch Mac und Kelly nehmen die Kriegserklärung nur zu gern an…
Im Kern ist „Bad Neighbors“ fast ein Ergänzungsfilm zu Joe Dantes 1980er Farce „Meine teuflische Nachbarn“. Ohne dessen Horrorelemente und Anspielungen auf dieses Genre, ohne Einbeziehung des restlichen Nachbarschafts-Mikrokosmos, aber eine weitere Schilderung des Konflikts zwischen den alteingesessenen Nachbarn, die gerne aufgeschlossen sein wollen, und den Neuankömmlingen, die hier nicht mehr dem Horrorfilm, sondern der Collegekomödie entstammen. Da sind natürlich alle Klischees dabei: Der ausgeprägte Sexualtrieb der Studenten, der sich im Abschleppen von Mädels, eindeutigen Postern überall im Verbindungshaus und Geschäftsideen wie selbstgebastelten Dildos manifestiert, der Ken-Puppen-Körperbau des Verbindungspräsidenten, die Mottopartys, der exzessive Drogenkonsum, die Aufnahmerituale usw. Alles ist da, was man aus diesen Filmen seit „Animal House“ kennt, hier durch Gimmicks wie 3D-Drucker auf den neusten Stand gebracht, wobei „Bad Neighbors“ seine Wurzeln offen anerkennt, etwa in einem Einspieler von der (angeblichen) Erfindung der Toga-Party (gespielt von Andy Samberg, Akiva Shaffer und Jorma Taccone, der Lonely-Island-Truppe).
Im Gegensatz dazu erinnern die Radners eher an die Hauptfiguren von Nicholas Stollers vorigen Komödien „Forgetting Sarah Marshall“ und „The Five-Year Engagement“ – junge Erwachsene, die sich einen Stand im Berufsleben erarbeitet haben, die mit neuen Lebenserfahrungen wie der Trennung nach einer langjährigen Beziehung, der Verlobung oder hier eben dem ersten Kind umgehen müssen. Diese realistische Erdung, welche die Komödien von Judd Apatow und von denen, die aus seinem Umfeld stammen (hier der Regisseur, die Produzenten, die Drehbuchautoren und Teile des Casts), oft kennzeichnet, findet sich hier dadurch zumindest teilweise wieder, denn die Ehe der Radners wird durch den Kleinkrieg mit den Nachbarn ebenso auf die Probe gestellt wie befeuert – tatsächlich finden sie Spaß an der Konfrontation mit den Studenten, was fast schon besessene Züge annimmt.
Damit sind sie nicht allein, denn ähnlich wie bei seinen vorigen Filmen vermeidet Stoller allzu einseitige Zuschreibungen von „gut“ oder „böse“, „nett“ oder „unsympathisch“. Verbindungsoberhaupt Teddy ist eine fast schon tragische Figur: Eigentlich ein netter Kerl, gleichzeitig aber fanatisch in seinem Bestreben in seiner Zeit als Präsident Legendäres zu erreichen, gar kein schlechter Student, aber vollkommen uninteressiert an dem, was nach dem Studentenleben kommt. Nebenfiguren wie Pete oder Freunde der Radners liefern differenzierte Beobachtungen zum Privatkrieg der Streithähne, zeigen Grenzen auf, die beide Seiten überschreiten, und auch die Schlussszene zwischen Teddy und Mac zeigt auf wie ein derartiger Streit ohne einseitige Schuldzuweisungen enden kann, wie die Geschichte ohne verkitschtes Umdenken einer Partei zu Ende erzählt werden kann.
Natürlich ist „Bad Neighbors“ dann am Lustigsten, wenn sich der Zoff entlädt. Herrlich brachialer Slapstick findet sich bei Gemeinheiten wie in Sitzmobiliar versteckten Airbags, mit genüsslicher Schadenfreude präsentiert der Film werden Racheaktionen und Intrigen gezeigt, während die Partyszenen mit dynamischen Soundtrack und brachialen Zerstörungsaktionen aufwarten. Ähnlich wie schon bei „This is the End“ zeigt sich in „Bad Neighbors“ die Freude am exzessiven Feiern und kindischen Rumalbern in den Bildern, während der Film mit jenen popkulturellen Referenzen aufwartet, die Leuten in ihren Zwanzigern und Dreißigern heute geläufig sind: Ein versucht cooler Auftritt der Radners wird mit Mainstream-Mucke der 1990er („Here Comes the Hotstepper“) untermalt, Mac und Teddy streiten sich über die beste Batman-Interpretation (Keaton vs. Bale), man diskutiert über richtige und falsche de-Niro-Referenzen usw. Doch obwohl „Bad Neighbors“ in diesem Punkt das Lebensgefühl einer Generation ähnlich gut trifft wie die Apatow-Produktionen, so ist er doch in erster Linie eine reine Gagorgie mit recht hoher Trefferquote, allerdings auch einigen Ausfällen in Sachen Fäkalgags und wenig emotionaler Tiefe, die beispielsweise „Forgetting Sarah Marshall“ bei weniger hoher Gagdichte so sympathisch machte.
Inmitten des Ganzen ist mal wieder Seth Rogen als dicklicher, kiffender Normalo als Identifikationsfigur und Erwachsener, der nicht so recht erwachsen werden will, aktiv. Und obwohl sich diese Art von Rolle bei ihm so langsam zur Masche verwächst, so macht es immer noch Spaß ihm dabei zuzusehen. Rose Byrne als vielschichtige Frau an seiner Seite, im Privatkrieg mit herrlichem Hang zur Intrige gesegnet, trumpft in der dankbaren Rolle auf, während Zac Efron anfangs als reines Muskelpaket-Abziehbild erscheint, aber die Rolle nach und nach mit Nuancen anreichert, wenn man mehr über Teddy erfährt. Stark ist auch Dave Franco, während Christopher Mintz-Plasse etwas verschenkt ist, da seine Figur nur für ein paar flache Penisgags genutzt wird.
Auch ohne Judd Apatow als Produzenten im Rücken tragen seine Ziehsöhne seinen Stil der R-Rated-Comedy um Männer und das Kind im Manne weiter: Wo Apatow als Regisseur mit „Funny People“ und „This is 40“ zuletzt die emotionale, lebensnahe Seite dieser Art Komödie stärker betonte, setzt das Team um Stoller, Rogen und Co. mehr auf eine Gagparade, die vielleicht nicht ganz an Werke wie „The 40-Year-Old Virgin“, „Knocked Up“ und „Superbad“ heranreicht, jedoch 90 amüsante Minuten beschert.