Die Tatsache, dass „Frozen“ aka „Die Eiskönigin“ einer der erfolgreichsten Disney-Animationsfilme überhaupt ist, den Abermillionen von kleinwüchsigen Fans in ihr Herz schlossen, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich ingesamt um einen eher uninteressanten Beitrag zum Disney-Kanon handelt.
Natürlich ist die künstlerische und inszenatiorische Komponente über fast jede Kritik erhaben, die Präsentation der Eis- und Schneelandschaften ist so malerisch wie perfekt und das von Chris Buck und Jennifer Lee geführte Team setzt die bekannten Vorgaben perfekt um.
Aber hat „Frozen“ so gar nichts Neues, nichts Innovatives an sich. Es ist ein wunderbar ausgewogenes Best-of aller Disney-Zeichentrick-Musicals, nach bewährter und geprüfter Art und Weise und gerade deswegen furchtbar konfektioniert.
Natürlich gibt es ein paar erzählerisch neue Ansätze: endlich mal kein offensichtlich Böser im Zentrum des Geschehens und wenn der Film dann einen präsentiert, so kommt er überraschend und unerwartet. Das könnte ein guter Kniff sein, wenn nach den davor präsentierten Geschehnissen das alles nicht nach „plot device“ brüllen würde – denn wenn schon der gute Prinz Hans mit der herzensguten Konvention bricht, wie konnte man sich sicher sein, dass er so gut zu Prinzessin Anna passen könnte, dass diese schon am ersten Tag auf ihn reinfällt.
Der – relativ freundlich ausgetragene – Geschwisterkonflikt rund um Schuld, Reife und Erlösung ist nett eingefasst, wirkt aber arg bemüht in die Grundstory geprügelt, die emotionale Unreife und totale Überreaktion sind dann wirklich nur für ein durchschnittlich acht- bis zehnjähriges Publikum voll nachvollziehbar.
Die Herkunft der magischen Kräfte bleibt ebenso ungeklärt wie die ungewollte Dimension des Zaubers, der nur so groß ist, weil er sonst eigentlich nichts hergibt.
Ansonsten haben die Macher stark bei „Rapunzel – Neu verföhnt“ abgemalt: die etwas tollpatschige und lebensunerfahrene Anna riecht stark nach Rapunzel, Kristoff ist nur eine Nuance widerstrebender als Flynn Rider und sein treues Rentier Sven ist praktisch eine Kopie von Flynns treuem Pferd Maximus. Der putzige, durch Magie zum Leben erweckte Schneemann Olaf ist zwar herzzerreißend niedlich und zeitweise auch komisch, weil er die leichten Bezüge zum modernen Humor herstellt, dennoch wirkt er der Story künstlich aufgepfropft und hat auch eigentlich keine wirkliche Funktion in der Handlung (abgesehen von seinem Wunsch, den Sommer und die Wärme zu erleben).
Geändert hat man gegenüber „Tangled“ maximal, die Songquote praktisch um das Achtfache zu erhöhen, denn wo immer sich eine Gelegenheit ergibt, wird hier gejubelt und gesungen. Das verkauft sich zwar enorm prima in Kinderzimmern und unter Weihnachtsbäumen, hat aber einen altbackenen 90er-Jahre-Charme, denn die gefühlsselige Durchhalten-morgen-ist-ein-neuer-Tag-Lyrik klebte schon entsetzlich, als Belle noch mit dem Biest tanzen durfte.
Moderner Humor kommt in diesem Old-School-Projekt praktisch nie vor – was irgendwie schon wieder eine Novität ist – maximal ein Kramwarenhändler mit Sauna und der preußisch angestrichene Duke of Weselton bieten da etwas, was sich wiederum nicht recht in den nostalgischen Disney-Charme einfügen will.
Natürlich ist die Darreichungsform perfekt ausbalanciert und wunderschön anzusehen, ans Herz will mir die Story aber nicht gehen, vermutlich weil sie offenbar ausschließlich an unter 16jährige adressiert war und Erwachsenen offenbar keinen Ausgleich für die Begleitung ins Kino bieten möchte, wie andere Filme dies in den letzten Jahren stets taten.
Sollte es tatsächlich nach all dem Cash und den Merchandisingartikeln zu einer Fortsetzung kommen, sollten die Macher sich erzählerisch dringend etwas trauen, ansonsten reihe ich diesen Disney frei von Ecken und Kanten in die Reihe der großen Geldmacher ein, die aber erzählerisch dem Medium eigentlich nichts hinzu zu fügen hatten (Dschungelbuch, Die Schöne und das Biest, König der Löwen).
Wird aber ein Super-Musical abgeben! (6/10)