Review

kurz angerissen*

Ein hyperaktives London, ständig in Bewegung und nach dem 2. Weltkrieg immer noch mit dem Wiederaufbau beschäftigt, sorgt in David Millers dreister Hitchcock-Nummernrevue für eine hektische Kulisse des Kurzangebundenseins. Ideale Voraussetzungen, um einen Mystery-Krimi zu drehen, bei der eine Frau in Not permanent um Hilfe schreit und nur mit halbem Ohr erhört wird. In der Hauptrolle: ausgerechnet Everybody’s Darling Doris Day, die zunächst ihre teure Garderobe ebenso strahlend zur Schau trägt wie ihr patentiertes Honigkuchenlächeln, bevor sich der Terror an ihr auslässt. Das Screwball-Flair scheint sich um sie herum immer wieder ausbreiten zu wollen, doch dann kündigt Miller mit grellen Warnfarben, schrillen Soundeffekten und schrägen Kameraperspektiven das Unheil an, das stets unvermittelt in den Alltag hereinbricht, und Day schreit hysterisch um ihr Leben. Insofern eine ungewohnte, aber nicht einmal unpassende Besetzung, wird doch hier die schöne heile Hollywood-Welt unliebsam aus den Angeln gehoben.

„Mitternachtsspitzen“ mag sich auf die Psychologie der Hauptfigur konzentrieren und, wie es auch für Hitchcock typisch wäre, bis zum Ende offen lassen, ob sie an Wahnvorstellungen leidet oder ob echte Gefahr besteht, allerdings bleibt der Film immer oberflächlich und ist an nichts anderem interessiert als an der reinen Suspense-Mechanik. Das gesellschaftliche Umfeld und situative Elemente werden ähnlich „Das Fenster zum Hof“ fortwährend in den jeweiligen Szenenklimax eingegliedert, ob nun durch Nebelmaschinen im Park, überfüllte Bushaltestationen oder durch ein Bauarbeitergerüst direkt vor dem Schlafzimmerfenster. Das Tempo ist daher hoch und ein Twist am Ende praktisch unentbehrlich, übrig bleibt jedoch wenig abseits eines visuell experimentierfreudigen, für die Entstehungszeit überdurchschnittlich aufregenden Großstadtthrillers.

*weitere Informationen: siehe Profil

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