Wohl mal was ganz anderes wollten die Macher von „Wendigo“ den Horrorfans bieten.
Statt altbekannter Motive und Wendungen sollte hier nicht das übliche Böse, sondern der Wendigo als Naturgeist präsentiert werden, der ein Katalysator in einem Familiendrama darstellt.
Im Zentrum steht eine Familie mit leisen Problemen, der Vater eifrig bemüht, aber nicht allzu mutig, was sich in der Konfrontation mit einer Gruppe Jägern beweist, die einen Hirsch genau vor deren Wagen treiben und dabei das Geweih zerbrechen. Von nun an ist der Wendigo mit dabei, der kleine Junge der Familie (Eric Per Sullivan, der kleinste Bruder aus „Malcolm Mittendrin“) hat Vorahnungen und kann das fressende Unheil des Wendigo vorausahnen.
Es kommt zur Tragödie, der Vater wird angeschossen, kurz darauf wird der Täter vom Sheriff entlarvt und bringt diesen um, was ihn zur Zielscheibe des Geistes macht.
Überraschend ist das Finale dieses Streifens, der abgesehen von der Verfolgung des Mörders mehr auf traurige Intimität setzt, auf eine sehr verfrühte Coming-of-Age-Variante und die Staffelübergabe von Vater auf Sohn.
Das Ende kommt plötzlich und zeigt mehr von den emotionalen Auswirkungen der Tat, als daß es zu einem echten Abschluß kommt.
Das bedeutet leider nicht, daß der Film ausgesprochen gut ist. Er besitzt einige verstörende Aufnahmen, ruckhafte, schnell geschnittene, blitzlichtartige Aufnahmen des vorbeirauschenden oder den Betrachter umkreisenden Waldes, die immer wieder Pausen überbrücken oder eben die Perspektive des Naturgeistes schildern.
Leider sind das bis auf das Ende (da gibt es eine Szene mit einem Paar Schuhen, die lange im Gedächtnis bleibt, weil sie den Horror des Sohnes über den Tod des Vaters schön illustriert) die einzigen guten Seiten, denn es passiert sonst nicht viel.
Zwischendurch reißt der dramatische Faden immer wieder komplett, füllen nichtssagende Gespräche der Eltern die Pausen. Wenn der Puls mal steigt, verhalten sich alle Anwesenden so unproduktiv, daß die Spannung stets festfährt, allein die Mutter fällt von einem rotzfördernden Weinkrampf in den nächsten. Sullivan selbst bleibt dabei zwar nicht gerade nervend, aber doch so ruhig, wie man ihn kennt. Nur leider ist Nichtagieren kein Ersatz für Schauspielerei und stoisches Starren (wie in seiner erfolgreichen TV-Serie) füllt auch keinen ganzen Film.
Das alles führt zu einem unausgewogenen Film mit vielen Banalitäten, großen Löchern und vielen Sprüngen, wenn überraschend dann doch einmal wieder etwas passiert. Die gute Absicht ist zu spüren, aber mehr als ein Schulterzucken wird gegen Ende vermutlich nicht drin sein. (4/10)