Bücher, die die Welt bedeuten
Richtig schlechte Kriegsfilme - meist ist der Krieg ein so brisantes, emotionales Thema, dass man schon etwas länger nachdenken muss, um wirklich grottige zu finden. Auch "Die Bücherdiebin", die Verfilmung eines der größten Buch-Bestseller des letzten Jahrzehnts, ist sicher kein schlechter Film & noch nichtmal wirklich eine Enttäuschung für Fans der literarischen Vorlage (obwohl diese klar besser ist) - wer das Buch mochte, wird auch dem Film genug abgewinnen können. Trotzdem verfehlt die Geschichte über ein kleines Mädchen in den Wirren des 2. Weltkrieges, dass durch "gestohlene" Bücher lernt, lebt & sich weiterentwickelt, doch an so einigen Stellen ihr Ziel & ist nicht ganz so effektiv, wie wesentlich mitreißendere & im Endeffekt bessere Filme seiner Art. Als strahlende Beispiele etwa die hervorragenden "Das Leben ist schön" oder "Der Junge im gestreiften Pyjama", die in einer anderen Liga spielen.
Wenn es eine deutsche Version von "The Book Thief" geben würde, wäre sie wahrscheinlich von Til Schweiger gedreht - so sentimental, kitschig & märchenhaft mutet er die meiste Zeit an. Was an sich ja absolut nichts Schlechtes heißen muss & gerade die märchenhafte Herangehensweise, aus der Sicht von Kindern & dem Tod höchstpersönlich als (seltsam & rar eingestreuter) Erzähler, ist mal etwas Anderes. Trotzdem spielt der Film einfach zu oft & zu vorhersehbar auf der gewohnte Tränenklaviatur, fast schon ärgerlich gegen Ende. Klar ist das bewegend & vielleicht sogar Augen öffnend, inspirierend, wenn man sieht, was unsere junge Heldin aus ihrem Leben gemacht hat - trotzdem fühlten sich viele Wendungen, Lehren & Richtungsweisungen einfach plump an, ohne uns Zuschauer selbst die Chance zu geben, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Da er sich aber natürlich auch an ein jüngeres Publikum richtet, verzeiht man ihm seine flachere, wenig eigenständige, etwas vorkauende Art schon eher.
Die hochwertigen Kulissen sowie die Darsteller sind durch die Bank allerdings nicht zu kritisieren & einfach fabelhaft. Geoffrey Rush verkörpert den Adoptivvater mit Verstand & noch mehr Herz hinreißend, Emily Watson seine stur-bissige Ehefrau mit harter Schale & weichem Kern ebenso. Die eigentlichen Stars sind allerdings die Kinderdarsteller, welche nicht nur absolut glaubwürdig & liebenswert wirken, sondern auch nur seltenst steif oder gar nervig. Gerade Letzteres ist bei Kindern in Filmen ja nicht gerade eine Selbstverständlichkeit. Sophie Nelisse spielt unsere, überraschend wenig Bücher klauende Liesel, mit Herz, Charme & dem gewissen Star-Appeal, den sie schon in ihren jungen Jahren kaum verstecken kann. Bezaubernd & strahlend, erinnert sie oft etwas an Til Schweigers jüngere Tochter aus den diversen deutschen Komödien, allerdings in besser & weniger aufgesetzt. Der Look ist immer hochwertig & vor allem John Williams Score hält den hohen Erwartungen an ihn stand. Technisch gut, darstellerisch top, erzählerisch nicht alle Fettnäpfchen umgehend.
Fazit: etwas flach, schnell vergessen & dem Kriegsgenre absolut nichts Neues abgewinnend - trotzdem ein angenehmes Märchen & kindliche Einführung in den zweiten Weltkrieg. Wenn es sowas überhaupt gibt... das Buch macht seine Sache allerdings noch ein ganzes Stück besser!