Mit „Leben und sterben lassen“ übernahm Roger Moore das Bondzepter von Sean Connery und legte direkt einen wirklich gelungenen Start hin.
Die Pre-Creditsequenz gehört jedoch nicht dem Superagenten, sondern seinen Gegnern, in diesem Falle einer Gruppe, die sich dem Voodoo-Kult verschrieben hat und nun an drei verschiedenen Orten Leute beseitigen, die ihnen im Wege stehen. Damit fällt zwar die Action früherer Pre-Creditsequenzen weg, aber recht unterhaltsam ist auch diese geraten, nicht zuletzt wegen der exotischen Art der neuen Feinde ihre Gegner umzubringen (Voodoorituale, Mord bei einer scheinbaren Beerdigungsprozession usw.)
Q ist hier gar nicht dabei und auch M (Bernard Lee) sowie Moneypenny (Lois Maxwell) haben nur am Anfang einen Auftritt – und den noch nicht mal wie gewohnt im Büro. Dafür dürfen sie Superagent James Bond (Roger Moore) zuhause aufsuchen und auf eilige Mission schicken, was zu ein paar amüsanten Szenen führt. Der humoristische Ton der Moore-Bonds zeichnet sich bereits ab, aber so lustig wie spätere Filme ist er nicht. Einzig und allein die Figur des Sheriffs J.W. Pepper (Clifton James) sorgt später noch für etwas (leider leicht plumpe) Comedy, weshalb man ihm einen weiteren (deutlich amüsanteren) Auftritt im nächsten Bondfilm bescherte.
Mit Hilfe von seinem alten Freund, dem CIA-Agenten Felix Leiter (David Hedison) beginnt Bond in New Orleans in den Mordfällen zu untersuchen, die man für miteinander in Verbindung stehend hält. Tatsächlich führen alle Spuren zu dem geheimnisvollen Kananga (Yaphet Kotto)…
„Leben und sterben lassen“ ist einer jener Bonds, die mehr Agenten- als Actionfilm sind. So darf Bond hier deutlich mehr ermitteln als in anderen seiner Filme und die Motive des Fieslings bleiben recht lange im Dunkeln, wenngleich sie sich dann als recht simpel herausstellen. Doch auch sonst hat die Geschichte die eine oder andere Überraschung parat, z.B. die Aufdeckung der Verbindung von Kananga zu dem geheimnisvollen Mr. Big, sodass hier ziemlich viel Spannung gewährleistet wird.
Die Action spielt hier eine sekundäre Rolle und daher nur von geringer Menge, das Gebotene ist aber mal wieder sehr spektakulär. Vor allem die wirklich sehr gelungene Motorbootjagd von Bond und einer ganzen Horde von Verfolgern springt hier mit famosen Stunts hervor und ist vor allem für damalige Verhältnisse echt beeindruckend. Etwas enttäuschend schnell abgefrühstückt ist der Showdown, wenngleich Bond den Fiesling hier endlich mal wieder mit eigenen Händen im Nahkampf beseitigen darf.
Großer Bonus ist die exotische Kulisse von „Leben und sterben lassen“, die mit Eingeborenenkult und Voodoo-Ritualen für Abwechslung und Flair sorgt. So rekrutieren sich auch die Schergen des Bösewichts entweder aus Voodoo-Anhänger mit Schlangenfaible oder schwarzen Vorstadtgangstern aus New Orleans- Letzteres führt auch zu einer sehr amüsanten Szene, in der Bond als einziger Weißer in einer schwarzen Szenebar Nachforschungen anstellt und dementsprechend schräg angesehen wird.
Schwächen zeigen sich hier nur in den Nebenfiguren. Immerhin Kananga gibt noch einen charismatischen, teilweise emotionalen Bösewicht ab, der auch über nette Spielereien wie Krokofarm und Haifischbecken gebietet. Seine Handlanger gewinnen trotz ihres Exotenbonus (Killer mit metallener Handprothese, Voodoo-Priester usw.) kaum Farbe und werden auch von Bond meist in Rekordzeit in die ewigen Jagdgründe befördert. Auch Bondgirl und Kartenlegerin Solitaire (Jane Seymour) ist etwas zu passiv, kann aber mit ihren Tarotkarten etwas Exotik hineinbringen. Der hier erwähnte Mythos, dass die Wahrsagerin nach körperlicher Liebe ihre Kräfte verliert, wurde übrigens auch in „The Scorpion King“ aufgegriffen.
Roger Moore als Bond ist dann auch mal wieder sehr, auch wenn er seinen locker-leichten Stil der späteren Filme noch nicht ganz gefunden hat. Yaphet Kotto verleiht dem Schurken das nötige Charisma und auch Jane Seymour holt soviel aus ihrer eindimensionalen Rolle raus wie nur geht. Die Nebendarsteller sind auch ordentlich, aber wirkliche Glanzleistungen sind hier nicht zu verzeichnen.
Alles in allem ist „Leben und sterben lassen“ ein guter Start in Moores Bondära, der mit spannender Story und viel Flair überzeugt. Die Action ist wenig, aber toll inszeniert, der Titelsong von Paul McCartney geht ins Ohr, nur ein paar der Schurken bleiben enttäuschend blass.