Direkt nach seinem ersten Auftritt als Sartana, der später von ihm nicht nur kongenial verkörpert, sondern auch geprägt und mitentwickelt wurde, heuerte Gianni Garko („Sartana“, „Sartana - noch warm und schon Sand drauf“), damals noch nicht mit dem Starstatus, unter Regisseur Romolo Guerrieri („Johnny Yuma“), der, obwohl kein klassischer Westernregisseur und im Genre selbst gar nicht so aktiv, auch dank seines Autorengespanns um Ernesto Gastaldi („Sie verkaufen den Tod“, „Mein Name ist Nobody“) einen erfrischend unüblichen Genrebeitrag abzuliefern.
Größte Aufmerksamkeit verdient hier vor allem Hauptfigur Django (Garko), die zwar natürlich berechnend auf diesen Namen getauft wurde, ansonsten aber ein bemerkenswertes Eigenleben entwickelt, die sich aus den starren Formen des klassischen Italowestern-Antihelden löst. Natürlich stehen bei ihm als Kopfgeldjäger die Finanzen im Vordergrund, die er nach einem klaren Plan gestaltet, indem er sich erst gar nicht mehr die Mühe macht, Jagd auf Kopfgelder zu machen, die sich unter seinem persönlichen Mindestsatz von 10.000 Dollar bewegen. Ganz im Gegenteil, er lässt „preiswerte“ Banditen sogar laufen oder reizt sie zu neuen Verbrechen, um ihren Preis nach oben zu treiben.
Seine andere, versteckte Seite ist eine romantische, denn Django hat keinerlei Erfahrungen mit Frauen und ihren Denkweise, hat sich allerdings Hals über Kopf in die Saloonbesitzerin Mijanou (Loredana Nusciak, Maria im Original – „Django“) verliebt, die sich nicht abgeneigt zeigt, eine gemeinsame Zukunft in Betracht zu ziehen, wenn man jenem öden Wüstenkaff denn den Rücken kehrt und nach San Francisco zieht. Für dieses Liebesempfinden würde Django sogar seinen lukrativen Beruf aufgeben und eine Straftat begehen. So ambivalente Tendenzen besaßen die Djangos, Ringos und Sabatas eher selten.
Sein Schicksal heißt Fidelio und wird genussvoll boshaft von Claudio Camaso gespielt. Der Bruder des unvergesslichen Gian Maria Volonté (Die Ähnlichkeit ist unverkennbar) nahm sich leider früh nach einem tragischen Unfall das Leben, spielt Gianni Garko, der nach eigener Aussage sich in dieser Rolle noch etwas unsicher fühlte, weil er noch längst nicht den Erfahrungsschatz besaß, aber fast an die Wand und gibt seinen Gegenpart. Die Wege der beiden kreuzen sich mehrmals, doch weil Fidelios Kopfgeld zu Beginn noch zu niedrig für Django ist, belassen die beiden es bei einem gereizten Kartenspiel. Daraus soll sich später mehr entwickeln. Das interessante an dieser Figur ist auch hier sein Charakter, der zwar durch und durch böse scheint und tatsächlich auch ein Verbrecher ist, aber soviel Ehre im Leib hat, um Django nicht aufzulauern und hinterrücks zu erschießen. Auch seine Endführung der Tochter eines reichen Ranchers, der, um Django die Rettung seines Nachwuchses schmackhaft zu machen, den Differenzbetrag zu den 10.000 Dollar großzügig hinzuaddiert, wird, das verrät einer letzten Twists, Sinn ergeben.
Natürlich muss man bei dieser sehr interessanten Charakterkonstellation nicht auf die grundlegenden Situationen eines typischen Italowesterns verzichten. Garko, wie schon erwähnt, wenn auch noch nicht ganz so kongenial wie in seinen späteren Auftritten als Sartana, hängt stets der trockene Zynismus im Mundwinkel, seine Schießkünste sind außergewöhnlich und seine Beute erlegt er auch ohne größere Problem, zur Not auch mal mit Dynamit, selbst wenn hinterher die Identifizierung damit unmöglich ist. Kartenspiele in verrauchten Saloons und sehr amüsante Geschäftsgespräche mit seinen potentiellen Kandidaten gehören ergänzend zum Repertoire des Films, der auch über eine schick inszenierte Schießerei während einer verregneten Nacht verfügt. Über Langweiligkeit kann man sich bei „10.000 blutige Dollar“ gewiss nicht beklagen, denn das Skript bleibt an seinen beiden Kontrahenten haften, verfolgt ihre Entwicklung und beschwört langsam ihre Annäherung auf die eine oder andere Weise.
Die eigentlich so klare Grundstruktur in der Erwartungshaltung, dass Django alles daran setzen wird, zum letzten Mal abzukassieren und dann die Biege zu machen, wird von ihm selbst aufgebrochen, als er sich dazu entschließt mit Fidelio gemeinsame Sache zu machen und eine Kutsche mit Goldbarren zu überfallen. Entweder blind vor Liebe oder zu frohlockend in die Zukunft schauend, nimmt er das Angebot unter der Bedingung an, dass niemand zu Schaden kommt. Nun, einer Horde wilder Mexikaner sollte man nicht glauben und so kommt es, dass Django eine tragische, wenn auch gerechte Strafe erfährt, die ihm zwar nicht das Leben kostet, aber anderen und dazu gehört auch sein Gefolgsmann – ein Drucker.
Lediglich noch von Rache beseelt, soll er sich von da an auf einen Feldzug begeben, der auf das erwartete Aufeinandertreffen hinaus läuft. Insbesondere das Finale in einem völlig verlassenen Geister-Dorf, das den Banditen als Unterschlupf dient, kann durch seine atmosphärischen und treffsicheren Kulissen punkten, die das verfallene Seelenleben der Beteiligten widerspiegeln. Jenes bleihaltige Finale, das einige Opfer kostet, während Django alles andere als wie der mutige, überlebensgroße Revolverheld handelt, sondern sich Dunkelheit und Deckung zunutze macht, sind ein inszenatorisches Highlight. Überhaupt überzeugt Romolo Guerrieri mit sicherlich nicht genialen, dafür aber sorgfältigen Inszenierung, die das ungetrübte Sehvergnügen nur noch verstärken.
Zum Sprung an die Genrespitze reicht es für „10.000 Dollar“ letztlich nicht ganz, obwohl ich Gianni Garko stets gern Sympathien entgegenbringe. Der Mann hatte nie den Ruf eines Clint Eastwoods, war jedoch immer mit viel Herz bei der Sache und ist auch heute noch gern bereit sich ausführlich zu solchen Filmen zu äußern. Wer im Besitz der „Django“ – Box von Koch Media ist, deren DVDs an dieser Stelle sehr empfohlen sind, kommt eigentlich auch kaum drum herum sich das mehrteilige Interview anzuschauen. Für Genreinteressierte auf jeden Fall sehenswert. Seinen später so prägnanten Typen, hatte er hier zwar noch nicht gefunden, aber das hätte sich auch mit dem doch sehr wankelmütigen Charakter gebissen. Denn dessen romantische Seite und für das Publikum unberechenbares Verhalten waren später für ihn, trotz der oftmaligen Undurchschaubarkeit der Sartana - Filme, nicht mehr wichtig.
Fazit:
Bleibt letztlich festzuhalten, dass Garko gegenüber ein, wenn auch etwas zu stark geschminkter, beängstigend guter Claudio Camaso mitspielt, der schon fast in der Liga seines Bruders spielt. Romolo Guerrieri kann sich gelassen auf das mit ungewohnt aus den Standards ausbrechenden Charakteren gefüllte Drehbuch verlassen und inszeniert tadellos, ohne wirkliche Akzente zu setzen. Der hier alles in allem eher latente Zynismus, die überraschende Tragik und ein Antiheld, der sich nicht entsprechend bekannter und seinerzeit auch längst für Gültigkeit erklärter Regeln, handelt, reichen dann zu einer guten Bewertung aus. Allemal für Genrefans sehenswert und sei es nur wegen des Finales im düsterem, von scharfen Wind durchpeitschten Geister-Dorf.