Review

Bei „Super Mario Bros.“ handelt es sich um eine der erfolgreichsten Videospielreihen und bei seinem Helden um eine der bekanntesten Videospielfiguren, da war es auch fast schon folgerichtig, dass man aus diesem Stoff die erste große Realverfilmung eines Videospiels stricken sollte, die allerdings schon viele der Probleme aufzeigen sollte, unter denen das Genre auch heutzutage noch oft leidet.
Dabei war die eh nur rudimentär ausgearbeitete Hintergrundgeschichte der Videospiele schon nicht der beste Ausgangspunkt: Ein Klempner rettet eine Prinzessin aus den Klauen eines Echsenwesens, indem er über Abgründe und auf Gegner, meist laufende Pilze oder Schildkröten, springt. Erste Scriptversionen des Films, an dem insgesamt neun Autoren schrieben, von denen drei im Vorspann genannt werden, schickten Mario auch in eine Fantasywelt, in der er sich relativ spielegetreu auf Rettungsmission begeben sollte. Doch das involvierte Regie-Ehepaar Annabel Jankel und Rocky Morton trieb den Film in eine andere Richtung, was zu einer beispiellos chaotischen Produktionsgeschichte führte, bei der 40 Millionen Dollar in einen ungleich billiger aussehenden Film versenkt wurden. Nur zum Vergleich: Der in den USA nur zwei Wochen später startende Prestige-Blockbuster „Jurassic Park“ kostete mit 63 Millionen zwar deutlich mehr, sah aber um Welten edler aus. Noch vor Spielbergs Meilenstein wollte aber auch „Super Mario Bros.“ vom damals herrschenden Dino-Hype profitieren, den „Jurassic Park“ danach noch einmal richtig ankurbelte.
Also lautet die Prämisse dergestalt, dass der berühmte Meteoriteneinschlag von dereinst die Dinosaurier nicht ausrottete, sondern zwei parallel existierende Erden schuf, auf denen jeweils Säugetiere und Dinosaurier die Evolution zum Menschen hin vollzogen. Von dort kommt in der Auftaktszene auch eine Frau, die ein Ei vor einem Waisenhaus ablegt, aus dem wiederum ein Baby schlüpft, das einen Meteoritensplitter bei sich trägt. Rund 20 Jahre später ist das Baby zur Archäologin Daisy (Samantha Mathis) geworden, die wiederum nach Dinoknochen gräbt (trotz Weltentrennung gibt es bei den Dinos noch Säugetiere und bei uns noch Dinoüberreste, wie die schwer zu verstehende Logik des Films besagt). Gleichzeitig verschwinden immer mehr junge Frauen aus New York.

Durch einige vom Drehbuch hastig zusammengeschusterte Zufälle trifft Daisy auf die Klempner Mario (Bob Hoskins) und Luigi (John Leguizamo), wobei der jüngere sich schnell in sie verguckt. Während die beiden einen Wasserrohrbruch bei ihrer Ausgrabung reparieren, kidnappen zwei Schergen von King Koopa (Dennis Hopper) Dasiy und bringen sie in dessen Parallelwelt, wohin die Klempner ihr folgen…
Die Parallelwelt besteht aus einer Stadt namens Dinohattan und hat sonst nur Endzeitwüste Marke Mad Max um sich, wird von lauter Knalltüten ohne Kleidungsgeschmack bewohnt, die sich die Haare beim augenscheinlich blinden Friseur schneiden lassen, und wird von einem Pilz überwuchtert, der später noch ganz dolle Bedeutung für die Story haben wird, wobei jeder nicht ganz auf den Kopf Gefallene das Rätsel nach maximal 30 Filmminuten gelöst hat. Komplexitäten gehören eh nicht zum Repertoire der Helden-retten-das-gefangene-Mädchen-Story, in der rund 100 Minuten vergleichsweise wenig passiert, während der Meteoritensplitter als Preis fungiert, hinter dem fast alle her sind, während die Loyalitäten mancher Figuren ohne großen Grund von einer Seite zur anderen wechseln.
Obwohl Dinohattan eher wie „Blade Runner“ aussieht (und passenderweise vom gleichen Setdesigner hergerichtet wurde) und die Geschichte wenig mit den Vorlagen zu tun hat, verrenkt das Drehbuch sich um doch noch Spielelemente unterzubringen, nur oft in stark verfremdeter Form: Reittier Yoshi ist ein putziger Hausdino für den Hach-wie-niedlich-Faktor, Pilzmann Toad ist ein Rockabillytyp, der von Koopas Deevolutionsmaschine zum musikalisch geprägten Goomba umgemodelt wird. Die Goombas waren im Spiel laufende Pilze, hier sind es Echsenmenschen mit viel zu kleinen Köpfen. Fürs Finale ziehen Mario und Luigi dann die bekannten roten bzw. grünen Outfits an, während ein paar futuristische Stiefel ihre Springfähigkeiten erklären sollen – dummerweise müssen die beiden diese nie wirklich im Film anwenden.

Sowieso: Die Aufgaben, welche die beiden hier bewältigen müssen, würden andere Leinwandhelden vor Langeweile gähnen lassen. Die Goombas sind so beschränkt, dass sie mit ihren Flammenkanonen (das Äquivalent zur Feuerblume aus dem Spiel) stets daneben ballern und man sich sogar in einem mit ihnen gefüllten Fahrstuhl vor ihnen verstecken kann. Bei Kletterpartien und Autojagden gibt es von unerwarteter Pilzseite Hilfe und der Showdown gegen King Koopa spottet jeder Beschreibung – schnell vorbei, unspannend und im Abgang noch mit einem bärig schlechten Trickeffekt, der einen verwundert mit der Frage zurücklässt, worein die Produzenten die 40 Millionen denn versenkten.
Noch erstaunlicher ist die Tatsache wie viele fähige Leute hier an dem Film mitarbeiteten. Von den genannten Drehbuchautoren hatte immerhin Ed Solomon Erfahrungen mit massenkompatibler Komödienware, Cutter Mark Goldblatt galt schon damals als Meister seines Fachs und Produzent Roland Joffé war als Regisseur von awardträchtigen Epen bekannt. Allerdings clashten die Visionen aller Beteiligten, weshalb man die eigentlichen Regisseure Jankel und Morton teilweise vom Film fernzuhalten versuchte und Produzent Joffé und Kameramann Dean Semler (der später noch „Firestorm“ und „The Patriot“ drehte) ungenannt als Regisseure an „Super Mario Bros.“ arbeiteten. Wenig verwunderlich sieht das Endergebnis dann auch wie Flickwerk aus, inklusive unbeholfenem Einbau der Super-Mario-Titelmelodie und einem animierten Intro, das sich entweder an die 16-Bit-Graphik der Super Nintendo halten wollte oder für dessen vernünftige Animation kein Geld mehr da war. Denn das wurde ab einem bestimmten Punkt nicht mehr in die Produktion gesteckt, weshalb die Regisseure auch nicht den ursprünglich anvisierten Showdown in New York abfilmen konnten. Geld wollte man trotzdem mit dem Ergebnis machen, weshalb irgendein Marketingfritze dem Team wohl erzählt haben muss, dass der Film einen Song von Roxette sowie einen kindischen Dino-Mario-Bros-Rap im Abspann brauche um der heißeste Scheiß beim Jugendpublikum zu werden.

Die Zustände am Set ertrugen die beiden Hauptdarsteller nur betrunken und die entsprechende Scheißegal-Einstellung sieht man den unmotivierten Leads auch an. Dabei hatte man die beiden durchaus bedacht, nach einigen Absagen anderer Darsteller, gecastet: John Leguizamo war aufstrebender Jungstar und mit „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ hatte Bob Hoskins wenige Jahre zuvor einen Kassenhit hingelegt, in dem er ebenfalls mit exotischem Viehzeug spielte. Dennis Hopper hatte auch keine Lust und sucht das Heil in grauenhaftem Overacting, während die blasse Samantha Mathis als weiblicher Lead ein Totalausfall ist. Fisher Stevens und Richard Edson als Comedic-Sidekick-Schurken hatten wenigstens Spaß und durften mit ihren Vorschlägen sogar das Drehbuch ändern, was ihr Gehampel aber kaum weniger nervig macht. Und für eine Minirolle mit nicht mehr als 20 Sekunden Screentime schaut auch noch mal Lance Henriksen vorbei, wobei man nicht genau weiß, ob man ihn beglückwünschen soll, dass er keinen größeren Part annahm, oder bemitleiden, weil er überhaupt in dem Quatsch hier mitgespielt hat.
Dass das Ganze in der letzten Szene noch dreist Raum für eine Fortsetzungsankündigung lässt, ist angesichts des kommerziellen Flops aus heutiger Sicht ähnlich amüsant wie Sequelankündigung im Abspann von „Buckaroo Banzai“, wobei der wenigstens mit Elan ins Nonsensland fuhr, während „Super Mario Bros.“ einfach nur müde ist – auch bei den Gags, mit denen man dieses desolate Wrack eines Fantasy-Abenteuers wohl noch mit Selbstironie versehen wollte. Aber Doofi-Slapstick um Tänze mit dicken Frauen, ein Wichtelhirnduo, das nach einem maschinellen Evolutionsschub redet wie Universitätsprofessoren, und eine schrille Zimtzicke an Koopas Seite sind dann doch nur irgendwo zwischen kindisch und affig zu verorten. Einzig und allein zwei nette Anspielungen (wenn Koopas Freundin in einer Szene unfreiwillig einen auf Frankensteins Braut macht sowie Koopa, der, in Anlehnung an Hoppers Rolle in TCM 2, auf einem Wahlplakat mit Kettensäge zu sehen ist) und der Post-Credit-Gag können kurz ein Lächeln hervorrufen. Aber nur ein kleines.

Insofern hat „Super Mario Bros.“, ähnlich wie spätere Videospielverfilmungsflops wie „Street Fighter“ oder „House of the Dead“, das Problem sich bei der Adaption eines storyarmen Spiels heillos zu verzetteln, wenn eine Handlung um Game-Trademarks gestrickt wird ohne auf Sinn und Verstand zu achten. Mit schwachen oder demotivierten Hauptdarstellern, einem fast durchweg grausigen Humorverständnis, einem spannungsarmen Plot und fast nie auf der Leinwand zu sehenden Budget eine ziemliche Katastrophe und derber Kassenflop, der seinen Machern klar machte, dass man mit der Marke Super Mario vielleicht Brotdosen, T-Shirts und Bettzeug an den Kunden bringen konnte, aber keine 40 Millionen Dollar teuren Trashfilme.

Details
Ähnliche Filme