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Ein Knaller, für den 1996 die Superlative neu festgelegt werden mussten: „Independence Day“ kam genau zum richtigen Zeitpunkt heraus und hatte genau die richtigen Botschaften, um zumindest bei den Amis Begeisterungsstürme auszulösen. In good old Europe wird das Teil dagegen noch heute oft als verlogenes Patrioten-Spektakel beschimpft, aber mal ehrlich: Wir wissen heute, dass so etwas noch ganz andere Ausmaße annehmen kann, wenn man mal ein paar Bruckheimer-Produktionen der letzten Jahre anschaut.

Die Geschichte ist freilich nur schmuckes Beiwerk um bahnbrechende Effekte. Alieninvasionen waren bereits in den 50ern Aufhänger für Filmstoff, aber so spektakulär wie in „Independence Day“ wurden sie damals natürlich nicht inszeniert. Die ersten 60 Minuten sind dabei überraschenderweise sogar die stärksten, wenn die ersten Anzeichen des Angriffs ausgelotet werden und in sämtlichen Subplots die Hauptprotagonisten eingeführt werden. Das bringt Abwechslung und Spannung zugleich, ist aber selbstverständlich nicht klischeefrei.

Interessanterweise lässt Emmerich die Außerirdischen lange gesichtslos bleiben, was sich als geschickter Schachzug entpuppt. Ihre Pläne sind dagegen klar und werden mit einem wahren Inferno gestartet, wenn ganze Häuserschluchten Opfer der Explosionen werden, natürlich auch das Weiße Haus, dessen Zerstörung unbestrittener Magic Moment des Films ist.

Der Plot wird bis zu einem gewissen Zeitpunkt niemals langweilig, nimmt sich jedoch nach Ankunft aller Figuren in der sagenumwobenen Area 51 eine kleine Auszeit. Das Gefühlsgeschwafel ist überflüssig und lässt zudem gleich erahnen, wer am Schluss überlebt. Wo wir gerade beim Schluss sind: Einen spektakuläreres Finale hätte man sich kaum wünschen können, aber Eye-Candy alleine reicht nun mal nicht aus, um über derartig große innere Logiklöcher hinwegzutäuschen. Zusammen mit der Harakiri-Aktion Randy Quaids und des aufopferungsvollen Kampfeinsatzes des Präsidenten (obwohl die Frau im Sterben liegt und der Tochter somit Vollverwaisung droht!) könnte das fast als Parodie durchgehen, war aber leider ernst gemeint. Umso schlimmer, dass so etwas von einem deutschen Regisseur stammt.

Ja, das ist alles klischeehaft und nicht ohne patriotische Untertöne, vor allem zum Ende hin. Dem Publikum hat’s trotzdem gefallen, sodass „Independence Day“ reihenweise Box-Office-Rekorde brach. Zu einem Kassenschlager braucht es halt nicht unbedingt innovative Ideen und Intelligenz, sondern eine todschicke Verpackung reicht auch aus. Garniert mit einigen Hollywood-Größen ist „ID 4“ meiner Meinung nach immer noch einer der kurzweiligsten Blockbuster der letzten Jahre, den man problemlos bei diversen Hausarbeiten beiläufig angucken kann, ohne essentielles zu verpassen. Bloß das schleimige Pathos hätte sich Emmerich an manchen Stellen sparen können.

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