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Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich diesen Film 3 Mal im Kino gesehen habe. Da war ich mitten in der Pubertät, und Bill Pullman als tapferer US-Präsident mein neuer Held. Will Smith, den ich schon als „Prinz von Bel Air“ kannte, war für die Witze zuständig, und Emmerich für die Action. Und die hatte es in sich. Bis zum heutigen Tag gibt es wohl kaum einen Film, der so eindrucksvoll zeigt, wie Großstädte in Schutt und Asche gelegt werden. Doch selbst bis dahin ist die Bedrohung einzigartig, wenn ein riesiges Raumschiff sofort nach Filmbeginn auf die Erde zusteuert, ganze Landstriche in Schatten hüllt und als Feuerwalze am Himmel erscheint, bis eines von mehreren, abgespaltenen Raumschiffen in einem atemberaubenden Gänsehaut-Moment über New York sichtbar wird, während alle Bewohner ungläubig zu diesem Jahrhundertereignis empor starren. Megageil!

Optisch ist der Film (bis auf wenige künstlich aussehende PC-Effekte) über jeden Zweifel erhaben, doch lässt sich das auch über den Rest sagen? Spätestens hier scheiden sich die Geister, und die Patriotismus-Debatte geht los. Ich persönliche finde es hohl, so etwas einem Film zum Vorwurf zu machen, zumal in solchen Kritiken Patriotismus meistens als etwas Schlechtes dargestellt wird. Ich finde Patriotismus ok, da er andere Länder nicht abwertet wie das oft beim Nationalismus der Fall ist, aber letzterer findet hier definitiv nicht statt. Ja, die Amis retten mal wieder die Welt, sind die Coolsten, Stärksten und sowieso die Größten, schon immer gewesen und vermutlich bis in alle Ewigkeit. Aber eine solche Darstellung stört mich nicht, weil sie meiner Meinung nach nicht gänzlich unberechtigt ist. Ich will jetzt hier keinen Geschichtsvortrag halten, aber die USA waren die erste Demokratie, welche auf Landesebene funktioniert hat, und sie wurden in nur 500 Jahren aus dem Nichts zu einem riesigen Imperium, das noch heute als Supermacht gilt. Ich denke, das sagt eine Menge über das Potenzial seiner Bürger aus, also entspannt Euch, wenn das in amerikanischen Filmen zelebriert wird. Ich kann sowas verstehen, obwohl ich kein Patriot bin. Die hiesige USA-Glorifikation stört mich also nicht, aber das sehen Einige eben anders. Allerdings ist das nicht mein Problem, und ich lasse mir durch solche Kritiken nicht den Spaß am Film verderben. Scheiß auf die Realität - das ist ein Comic auf Zelluloid!

Es gibt hier zwar so gut wie keine Handlung (Aliens greifen die Erde an, und die Menschen schlagen zurück) oder Entwicklung der Figuren, aber wer es schafft, diesen Minimalismus zweieinhalb Stunden äußerst unterhaltsam darzustellen, verdient meinen Respekt. Das ist nämlich auch eine Kunst, die nur wenige Regisseure beherrschen. Spontan fällt mir da noch Michael Bay ein, dessen Filme ich ebenfalls durchweg schätze. Wer jetzt denkt, ich sei ein Trottel, der nur auf anspruchsloses Popcorn-Action-Kino steht, irrt. Tatsächlich find ich viele solcher Filme mittelmäßig bis unbrauchbar, aber alle paar Jahre ist ein Kracher dabei, und „Independence Day“ war damals der Überhammer. Gestern hab ich ihn mir nach vielen Jahren (jedenfalls das 1. Mal im neuen Jahrtausend) wieder angesehen, und war genauso begeistert wie 1996. Klar, jetzt kann man sagen, ich hätte mich nicht weiterentwickelt und bin geistig immer noch ein Teenager, aber auch das ist Quatsch. Mein Filmgeschmack ist äußerst vielseitig, ich liebe Abwechslung, und manchmal muss es eben ein anspruchsloser, reiner Unterhaltungsfilm sein, der lustig ist (diversen Darstellern und ihren guten Leistungen sei Dank), eine Augenweide und von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd (nicht zuletzt aufgrund des tollen Soundtracks), trotz oder gar wegen einiger offensichtlicher Schwächen. Letzte Nacht hatte ich auch einen genialen Traum, der ohne die vorherige Rezeption von ID4 definitiv nicht stattgefunden hätte. Filmgenuss auch unterbewusst, Nostalgie pur, Höchstnote!

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