Der neunzehnjährige Eric hat gelernt, Probleme mit Gewalt zu lösen. Seit dem Tod der Mutter und der Inhaftierung des Vaters hat er wenig anderes kennen gelernt als Heime, Erziehungsanstalten und Jugendgefängnisse. Jetzt ist er in der Oberliga gelandet, verurteilt zu sieben Jahren im Erwachsenengefängnis. Eric feiert das, in dem er erstmal sämtliche Zellennachbarn bedroht, schlägt oder ansticht. Bald haben alle Angst vor ihm, vom Wärter bis zum Bandenführer. Nur einer glaubt, Eric unter Kontrolle zu haben: Sein Vater, der ein Stockwerk über ihm wohnt.
Es gibt unzählige Gefängnis-Dramen die sich zumeist in zwei Kategorien einteilen lassen. Entweder setzt man auf extreme Gewaltdarstellungen, oder man versieht die jeweiligen Szenarien mit einer gewissen Romantisierung, die sich dabei auf das Knastleben fokussiert. Regisseur David Mackenzie geht mit seiner Geschichte einen ganz anderen Weg, wobei er zwar auf ein gesundes-und vor allem extrem glaubwürdiges Maß an Härte zurückgreift, seinem Film aber in keiner Phase auch nur annähernd Schönes oder gar Romantisches angedeihen lässt. Es präsentiert sich vielmehr ein Geschehen voller rauer Realität im Strafvollzug, das sich in erster Linie auf seine Hauptfigur Eric konzentriert, der durch seine extreme Brutalität bekannt ist und deswegen frühzeitig aus dem Jugendvollzug in ein Erwachsenen-Gefängnis überstellt wird. In Großbritannien nennt man diese Maßnahme "Starred Up" und wie sich im weiteren Verlauf der Ereignisse noch herausstellen soll ist Eric ganz bewusst diesen Weg gegangen, denn auch sein Erzeuger ist in der Strafanstalt inhaftiert, in die der aggressive Jugendliche verlegt wird. MacKenzie hat äußerst viel Wert darauf gelegt, dem Zuschauer einen möglichst authentischen Eindruck zu vermitteln und so stellt "Mauern der Gewalt" auch vollkommen beabsichtigt den monotonen Tagesablauf der Insassen in den Mittelpunkt. Die glaubwürdige Darstellung des Ganzen versieht einen dabei des Öfteren mit einer echten Gänsehaut und gleichzeitig empfindet man als Betrachter ein starkes Gefühl der Beklemmung, das man den gesamten Film über keine Minute ablegen kann.
Phasenweise wird man von den manigfaltigen Eindrücken schier erdrückt und kann sich so ein extrem gutes bild davon machen, wie hart und trostlos der Alltag in einem Gefängnis wohl sein muss. Daneben steht jedoch ganz klar die Figur von Eric im Mittelpunkt und es wird ein erstklassiges Bild davon gezeichnet, wie viel aufgestaute Wut in dem jungen Mann stecken muss, der dieser gerade in der ersten Filmhälfte oft genug freien Lauf lässt. Mit zunehmender Laufzeit kristallisiert sich immer mehr heraus das wohl ganz eindeutig sein Erzeuger der Grund dafür ist, denn anscheinend hat Eric in ihm nie einen wirklichen Vater gehabt, wie man es wohl selbst aus der eigenen Kindheit her kennt. Die Beziehung der beiden Männer ist dann auch ein ganz wesentlicher Aspekt der Geschichte und stellt sich im weiteren Verlauf immer mehr als eine Art Machtkampf heraus, in dem das Ansinnen Eric's jedoch lediglich darin besteht, endlich die Aufmerksamkeit seines Vaters zu erlangen, die ihm sein bisheriges Leben lang immer wieder vorenthalten wurde. Das sich im Verhalten des Jungen eine Änderung vollzieht ist der Zusammenarbeit mit einem Sozialarbeiter zu verdanken, der mit einigen Insassen eine Art Therapie-Gruppe ins Leben gerufen hat, in der man mit seinen Gefühlen konfrontiert werden soll. Auch an diesem Punkt der Story zeichnet man sich durch eine ungemein glaubwürdige Inszenierung aus, was man jedoch auch ganz generell auf sämtliche Abläufe ummünzen kann.
"Mauern der Gewalt" ist endlich einmal ein Gefängnis-Drama, das die Tristesse und die Monotonie der täglichen Abläufe in einem Gefängnis in imponierenden Bildern einfängt, zudem ist das Werk mit einer absolut erstklassig agierenden Darsteller-Riege besetzt, aus der Hauptdarsteller Jack O'Connell aber dennoch ein wenig herausragt. Seine Darstellung des Eric kann man ohne Weiteres schon als grandios bezeichnen und die ambivalenten Charakterzüge des jungen Mannes werden von ihm nahezu perfekt in Szene gesetzt. Mit zunehmender Laufzeit verspürt man immer mehr eine innere Zerrissenheit des Mannes, der unter seiner äußerst harten Schale ganz offensichtlich auch einen weichen Kern hat, der vor allem zum Ende hin ein wenig in Erscheinung tritt. Bis dahin jedoch ist es ein harter und langer Weg der hier beschritten wird und Regisseur David Mackenzie präsentiert ein ungemein intensives Drama, das dem Zuschauer immer mehr unter die Haut geht. Natürlich werden dabei auch die üblichen Dinge wie eine Gefängnis-Hierarchie und die damit verbundenen Machtkämpfe beleuchtet, wobei man hier gänzlich auf die manchmal übertriebene Darstellung in diversen Genre-Vertretern verzichtet. Stattdessen legt man gesteigerten Wert auf ein Höchstmaß an Authentizität und rückt das Ganze schlicht und nüchtern in den Fokus.
Es ist schon ungemein beeindruckend, welch glaubwürdiges Szenario David Mackenzie an dieser Stelle gelungen ist. "Mauern der Gewalt" hebt sich dabei wohlwollend von den meisten Gefängnis-Dramen ab und bietet ein in allen Belangen intensives Szenario. Die brillante Kombination aus tiefgehender Charakter-Studie, kompromissloser Gewalt und authentischer Darstellung des monotonen Gefängnis-Alltags ist die herausragende Stärke eines Filmes, der einem tief unter die Haut geht und den man nicht so schnell vergessen wird. Grandios aufspielende Darsteller runden das Ganze absolut perfekt ab, so das man letztendlich nur zu einem äußerst gutem Gesamteindruck gelangen kann.
Fazit:
Hart, glaubwürdig und sehr bedrückend wird hier einerseits die Beleuchtung der Hauptfigur vorgenommen, gleichzeitig aber auch der ganz normale Tagesablauf in einer Strafanstalt dargestellt, den man wirklich nie am eigenen Körper erfahren möchte. Unter den unzähligen ähnlich gelagerten Genre-Kollegen dürfte sich "Mauern der Gewalt" dabei ganz klar im oberen Drittel ansiedeln und diesen Film hat man sich auch sicherlich nicht das letzte Mal angesehen.
9/10