Lang ist es her, dass mich ein Kriminal-Thriller so richtig und nachhaltig in seinen Bann ziehen konnte. Zuletzt schaffte das David Finchers Zodiac – Die Spur des Killers (2007). Mit Prisoners tritt im Oktober 2013 der zwar bereits mehrfach ausgezeichnete, dennoch relativ unbekannte kanadische Regisseur Denis Villeneuve an und präsentiert dem Kinopublikum ein kriminalistisches Alptraum-Szenario, das bereits für viele Menschen zur bitteren Realität geworden ist. Als Vorlage diente ein Drehbuch aus der Feder von Aaron Guzikowski, der bereits das Skript zu Contraband (2012) mit Mark Wahlberg schrieb.
In Prisoners wird dieser Alptraum für die beiden befreundeten Familien Dover und Birch urplötzlich und ohne Vorwarnung wahr: Ihre Töchter Anna und Joy verschwinden im Anschluss an ein gemeinsames Thanksgiving-Essen spurlos. Als einziger Spur folgt die Polizei einem alten Wohnmobil, das in der Nähe parkte. Rasch kann Detective Loki (Jake Gyllenhaal) den Fahrer stellen und in Gewahrsam nehmen. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem verdächtigen Fahrer um den geistig zurückgebliebenen Alex Jones (Paul Dano) handelt, der alleine und zurückgezogen mit seiner Tante Holly (Melissa Leo) lebt. Obwohl sich Alex der Verhaftung zu entziehen versuchte, zweifelt Loki jedoch stark an seiner Schuldfähigkeit. Aus Mangel an Beweisen muss er Alex sogar wieder laufen lassen. Während die Familie Birch nach Tagen der erfolglosen Suche versucht, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen, kämpft Vater Keller Dover (Hugh Jackman) inzwischen einen ganz anderen Kampf. Er glaubt nicht an die Unschuld von Alex, jedoch daran, dass seine Tochter noch am Leben ist. Um sie zu retten fasst er einen folgenschweren Entschluss…
“Wow”… war mein erster Gedanke als der Abspann des Filmes begann – das war ein mutiges Ende und ein unerwartet guter, ich möchte fast sagen, ein grandioser Film. Ich war ohne große Erwartungen in diesen Film gegangen und auf alles vorbereitet, nur nicht darauf, über 2 Stunden lang mit angespannten Nerven und wie gebannt den nachfolgenden Ereignissen einer vermeintlichen Kindesentführung zuzuschauen. Denis Villeneuve hat mit Prisoners einen fantastischen Mix aus Kriminalfilm, Drama und Psycho-Thriller geschaffen, der eine unglaubliche starke Spannung erzeugt und den Zuschauer emotional sehr intensiv am Schicksal der beiden Familien sowie des ermittelnden Polizisten beteiligt. Dabei spielt er sehr gekonnt mit den Erwartungshaltungen des Zuschauers, führt ihn hinters Licht und mit der Auflösung am Ende wieder zurück – denn alles macht plötzlich Sinn und war wohl so offensichtlich, dass man es nur übersehen konnte.
Ermöglicht wurde dieses brillante Erzählen jedoch erst mit Hilfe von Aaron Guzikowski, der hier wirklich ein perfektes Drehbuch abgeliefert hat, das zudem noch von durchgehend sehr guten Darstellerleistungen beflügelt wird. Ja selbst Hugh Jackman kann in der Rolle des gleichermaßen verzweifelten wie erzürnten Familienvaters überzeugen, auch wenn seine Wutausbrüche mich immer ein klein wenig an seine X-Men-Rolle als “Wolverine” erinnert haben. Ein interessanter Zufall ist übrigens, dass Jake Gyllenhaal, der hier die Rolle des aufgeweckten und einfühlsamen Detective hervorragend verkörpert (dies brachte ihm eine Nominierung für den “Satellite Award” ein), auch schon in dem Eingangs erwähnten Zodiac – Die Spur des Killers eine exzellente Vorstellung ablieferte. Das Genre scheint ihm wohl zu irgendwie zu liegen.
Schade, dass Prisoners bei der jüngsten Oscar-Verleihung leer ausgegangen ist, denn ein solcher Erfolg würde den Film vermutlich einem breiterem Publikum zugänglich machen. So wird Prisoners vermutlich nur zum Geheimtipp für alle Freunde dieses “nervenzerreißenden” Genres werden – aber das ist ja bekanntlich auch nicht das Schlechteste.