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Ursprünglich hatte Sylvester Stallone das Drehbuch für „Homefront“, basierend auf Chuck Logans Roman, für sich selbst geschrieben, fühlte sich dann aber irgendwann zu alt für die Hauptrolle, weshalb er es Jason Statham am Set von „The Expendables 2“ zu lesen ab, welcher gerne übernahm.
Eine „Sons of Anarchy“-mäßige Bikergang, darunter auch Phil Broker (Jason Statham), DEA-Undercoveragent. Die Behörde greift zu, es kommt zu einer Schießerei, Brokers Tarnung fliegt auf. Am Ende einer Verfolgungsjagd stellt er Bandenchef ‘Danny T‘ Turrie (Chuck Zito) und dessen Sohn, der Sohn stirbt im Kugelhagel der DEA-Agenten. Ein unvermittelter Einstieg mit Mittendrin-statt-nur-dabei-Gefühl und dem durch die Bourne-Trilogie etablierten Kameragewackel, hier mittelelegant von Thrillerspezialist Gary Fleder eingefangen, doch besser als mancher Nachahmer des Bourne-Trends.
Zeitsprung, zwei Jahre später: Broker hat mittlerweile den Job an den Nagel gehängt und arbeitet als Handwerker in einem kleinen, ländlichen Kaff, während Danny T hinter Gittern schmort und auf Rache sinnt. Den Beginn des Mainplots könnte man fast mit „Der Gott des Gemetzels“ vergleichen, denn wieder ist eine Handgreiflichkeit unter Kindern Auslöser des Ganzen: Phils 9jährige Tochter Maddie (Izabela Vidovic) haut Teddy Klum (Austin Craig) fachgemäß ein paar auf die Mütze als dieser das Bullying-Programm abziehen will, doch im Gegensatz zu den bürgerlichen Eltern aus Yasmina Rezas Theaterstück sind die Parteien hier Ex-Cop Phil sowie das White-Trash-Paar Jimmy (Marcus Hester) und Cassie (Kate Bosworth). Cassies Bruder und Teddys Onkel wiederum ist Morgan 'Gator' Bodine (James Franco), der den lokalen Drogenhandel kontrolliert.

Die verärgerte Cassie hetzt erst Jimmy auf Phil, der allerdings im Kampf unterliegt, darauf setzt sie Gator darauf an Phil Respekt einzutrichtern. Damit setzt sie eine Gewaltspirale in Gang, bei der Phils Vergangenheit eine wichtige Rolle spielt…
Mit schöner Regelmäßigkeit spielt Jason Statham den toughen Profi und auch hier ist der Brite in einer Variante seiner Paraderolle zu sehen: Phil lächelt, kümmert sich hingebungsvoll um die Tochter und flirtet mit deren Vertrauenslehrerin, doch unter der Oberfläche, da brodelt ein Vulkan, der ein ums andere Mal ausbricht, was Statham – nicht zuletzt dank seines Abos auf solche Rollen – sehr gut verkörpert. James Franco als Gegenspieler mit diabolischem Grinsen wertet den „Homefront“ auf, ebenso Frank Grillo als Bad-Ass-Killertyp, Kate Bosworth als abgemagerte, drogensüchtige White-Trash-Braut mit gutem Herzen sowie Marcus Hester als ihr Mann. Winona Ryder schlägt sich recht gut, überraschend positiv auch die Leistung der noch unerfahrenen Izabela Vidovic, während Chuck Zito leider kaum zum Zuge kommt. In einer Nebenrolle gibt Clancy Brown den undurchsichtigen Dorfsheriff solide, während der Rest vom Fest nur als Stichwortgeber agieren darf.

Die Besetzung kommt „Homefront“ zugute, da es sich hier um keinen reinen Actionfilm handelt, man sich auch auf die Drama-Elemente konzentriert, die freilich im generischen Rahmen bewegen. Phils Fragen nach der richtigen Erziehung für seine Tochter werden kurz angeschnitten, Gators Versuche ein Big Player im Drogenhandel zu werden sind eher Handlungsmotor als wirklich tiefsinnig, dafür beschreibt der Film durchaus einfühlsam den Verlauf der Fehde zwischen Phil und den Klums: Aufgrund der Behinderung ihres Sohnes und ihrer desolaten Lage sind sie keine einfachen Schurkenfiguren, was „Homefront“ gut herausstellt und damit den Zuschauer vielleicht sogar ein wenig überrascht, auch Gator und seine Freundin Sheryl Marie Mott (Winona Ryder) sind nicht ganz so eindimensional – im Gegensatz zu Cyrus Hanks (Frank Grillo) und seiner Killertruppe.
„Homefront“ bleibt natürlich trotzdem ein Genrefilm, der sich stilistisch allerdings auf die eher langsam angelegten Actionthriller der 1970er beruft – ähnlich wie dies schon „Jack Reacher“, „Parker“ und zu einem gewissen Grad auch „2 Guns“ in letzter Zeit taten. Die Mär vom Dörfler, der in einer Fehde immer weiter getrieben wird, erinnert an „Walking Tall“ aus dem Jahre 1975, das ländliche Sumpfsetting und der Name Gator an Südstaatenreißer mit Burt Reynolds, ebenso wie das Erzähltempo 1970er-Vibe verbreitet, welches die Fehde nach und nach eskalieren lässt. Erfreulicherweise vertagt „Homefront“ die Entdeckung von Phils wahrer Identität nicht künstlich aufs Filmende, sondern lässt Gator schon früh Beweise dafür entdecken (warum Phil seine Akten allerdings einfach so offen in seinem Haus lagert, das fragt man lieber nicht). Natürlich dauert es, den Genregesetzen folgend, bis zur letzten Eskalationsstufe bis die Rocker an der Heimatfront auftauchen, doch „Homefront“ erzählt nachvollziehbar, warum es bis dahin dauert.

Weniger dem Geiste der 1970er verhaftet sind die Actionszenen, in denen Phil in bester Statham-Tradition als gewieft-roher Martial Artist auftritt und die Schurken unter Einbeziehung der näheren Umgebung in Grund und Boden tritt und schlägt. Meistens haben die Schurken ihm wenig entgegenzusetzen, doch dank der wuchtigen Choreographie und der dynamischen Inszenierung machen die Fights stets Laune – vor allem das Duell gegen Cyrus, in dem auch ein paar MMA- und Grappling-Techniken zum Einsatz kommen. Hin und wieder sprechen auch mal die Schießprügel, eine Verfolgungsjagd sowie die eine oder andere dicke Explosion hat die Actionpalette von „Homefront“ auch zu bieten. Co-Stunt Coordinator bei den Stürzen, Schlägereien und Schießereien ist übrigens der erfahrene J.J. Perry („Drive“, „Best of the Best III“). Die Schießereien im weiteren Verlauf sind überzeugender in Szene gesetzt als die etwas die leicht verwackelte Eingangssequenz, hin und wieder merkt man den Ballereien auch an, dass Fleder nicht unbedingt ein Actionregisseur ist, doch insgesamt weiß das Gebotene nicht zuletzt dank seiner rohen Härte zu gefallen.
Es sind leider kleine Mängel, welche den Spaß an „Homefront“ hin und wieder trüben. Ein schlecht getrickster CGI-Autocrash kurz vorm Finale fällt unschön inmitten der sonst so bodenständigen und handgemachten Action auf, die Drama-Elemente könnte Fleders Film hier und da auch weiter entwickeln als er es tut. Und dann ist da noch Gator: Zum einen ist es einerseits konsequent, dass er nie als Superschurke, sondern als ehrgeiziges kleinen Rädchen im kriminellen Getriebe dargestellt wird. Andrerseits ist es dann schon enttäuschend wie wenig er Phil am Ende entgegenzusetzen hat, nachdem ihn der vorige Film schon aufgebaut hat, viele Figurenkommentare behaupten er sei tougher als er aussähe – bei der Probe aufs Exempel merkt man leider wenig davon.

Wie die meisten Jason-Statham-Filme neueren Datums liefert auch „Homefront“ generische Actionkost, die von der Präsenz des Hauptdarstellers und natürlich den Spektakelszenen lebt. Hier sorgt vor allem die gute Besetzung dafür, dass der Film stärker als beispielsweise „The Mechanic“, „Killer Elite“ oder „Parker“ daherkommt, doch kleine Schönheitsfehler sorgen dafür, dass auch „Homefront“ nicht sein volles Potential ausnutzt. Schade drum, denn die einfache, aber funktionale wie recht spannende Geschichte hat durchaus Zug, die Action sowieso.

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