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Angenehm viel Formel 1 - große Charaktertiefe und sehr gute darstellerische Leistungen!

Das soll nicht heißen, dass RUSH - ALLES FÜR DEN SIEG nicht eine Reihe von Rennszenen hat, die atemberaubend authentisch gelungen sind. Wer hätte gedacht, dass das Leben von Rennikone Niki Lauda einmal so aufwendig verfilmt wird? Präsentiert wird uns eine wirklich sehr gute Mischung aus deutschem (Action-) Drama mit entsprechender Charakterbildung und den Mitteln des englisch-deutschen Blockbusterkinos, welches auch Nichtrennsport-Fans gefallen sollte. Im Kern geht es nämlich insbesondere um die Rivalität Anfang der 70er Jahre zwischen Nicki Lauda und seinem hauptsächlichen Kontrahenten James Hunt. Und schon die allererste Szene deutet den Schwerpunkt dieser Konfrontation durch Bild und Ton sehr deutlich an.

Nicki Lauda (Daniel Brühl) klappt nach einigem Vorgeplänkel aus dem off sein Visier in martialischer Weise runter und das Rennen um die Vorherrschaft im Formel 1 Rennzirkus kann dann beginnen. Und wir erleben somit einen der schnellsten Filme des Jahres 2013. RUSH lebt von der sehr starken Gegensätzlichkeit des typischen Playboy Helden und Schönlings der 70er Jahre James Hunt (Chris Helmsworth) und des äußerlich eher brav-biederen unscheinbaren blassen Arbeiters und Perfektionisten Nicki Lauda. Herausragend sind hier natürlich das variantenreiche Spiel und die manchmal schier unglaubliche Anpassung der Physiognomie von Brühl an die Nick Laudas und dies gilt erst recht nach dem schrecklichen und einschneidenden Unfall.

Dazu kommt sogar auch der leichte österreichische Akzent bei dem ich jetzt nicht recherchiert habe, ob dieser auch von Daniel Brühl gesprochen wurde oder in der deutschen Nachsynchronisation gleich von ihm oder jemand anders drübergelegt wurde. RUSH wurde aufgrund der internationalen Besetzung in Englisch gedreht. Wie auch immer. Der Eindruck den echten Nicki Lauda vor sich zu haben grenzt an Perfektion und es ist beachtlich wie Kleinigkeiten der Frisur mit prägnanter Locke, die Form der Stirn, die schmalen Lippen und vieles mehr beachtet wurden. Auch nach dem 1976er Unfall leistet die Maske Erstaunliches und die Ähnlichkeit scheint noch frappierender. Auf der anderen Seite hat man einen ebenso an das blonde Lockenkopf Image des wahren James Hunt, meist mit Zigarette oder hübschen Frauen im Arm fotografiert, anknüpfenden Chris - Thor - Hemsworth gegenübergestellt.

Dies wirkt zwar recht klischeehaft, aber dennoch authentisch und passend als sehr gegensätzlicher Kontrahent wie es überliefert ist. Dies wird noch ergänzt durch eine vor 70er Jahre Zitaten fast überquellende Ausstattung. Sie drückt sich unter anderem in Frisuren, Kleidung, Autos und Musik (z.B. Stichwort: "Slade") aus, die den authentischen Eindruck so weit treiben, dass ein Versinken des Zuschauers in die Bilderwelt von RUSH nicht schwerfällt. Eine Zäsur - wie im Leben von Nicki Lauda - gibt es circa im letzten Drittel wenn der schwere Unfall einen dramatischen Einschnitt präsentiert und Lauda sich nur noch mehr antreibt es allen zu zeigen.

Die Älteren unter uns werden sich an die Originalbilder des Unfalls erinnern und RUSH lässt hier auch ein grausiges Erinnern aufsteigen. Der wie meist sehr emotionale und eigenständige Soundtrack von Filmmusik-Profi Hans Zimmer tut hier sein Übriges. RUSH bietet Spannung, packende und dynamische Rennszenen die niemals zu lang oder zu übertrieben technisch präsentiert werden und die dazugehörige Gänsehaut. Hinzu kommen jede Menge Humor und erinnerungswürdige Sprüche von Nicki Lauda, die so nah am Original sind wie es nur gehen kann. Formel 1 Vorkenntnisse oder gar Insiderwissen wird hier nicht benötigt. RUSH wendet sich an die Breite Masse und präsentiert ein Sportlerdrama auf hohem Niveau.

Die Kamera fängt durch eine Reihe von drastischen Nahaufnahmen noch kleinste Regungen der Kontrahenten ein und jeder Schweißtropfen symbolisiert die immer mehr zunehmende Körperlichkeit von RUSH. Die Dramatik wird nach hinten hin noch mehr gesteigert und mit einer charmanten Schlussszene gekrönt, die natürlich nicht ohne den erwarteten Schuss Hollywood Pathos auskommt. Auch die Leistungen der Frauen Olivia Wilde und Alexandra Maria Lara ist ordentlich, wenn auch nicht überragend, und unsere Alexandra outperformt den internationalen Star locker.

Perfekt ist RUSH aus meiner Sicht nicht wirklich. Für meinen Geschmack erklärt der Film zu viel und ist redundant in der immer wieder demonstrierten holzschnittartigen Darstellung der Unterschiede zwischen Lauda und Hunt, mit einigen Dampfhammer-Klischees des asketischen nüchternen Helden zum einen und dem testosteron-gesteuerten Schönling-Playboys mit unstetem Lebenswandel zum anderen und der daraus resultierende tatsächliche und moralische Triumph des Arbeiters über den Beau. Entscheidend sind allerdings der hohe Unterhaltungswert und die gute schauspielerische Leistung. Auch Nicki Lauda hat RUSH in Interviews abgesegnet und sich in sehr in Daniel Brühl wiedererkannt. Ein besseres Lob kann es nicht geben.

7,5/10 Punkten

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