Mehrere Filme von Walerian Borowczyk basieren auf einem Roman oder auf einer einer Kurzgeschichte von André Pieyre de Mandiargues. Wer die Novelle LA MARGE gelesen hat, dürfte überrascht sein, dass dieser Film nicht in Barcelona, sondern in Paris spielt.
Angeblich haben die spanischen Behörden dem „Porno-Regisseur“ untersagt, den Film in Spanien zu drehen. Lächerlich, da hätten sie im selben Jahr zum Beispiel lieber Eugenio Martín verboten, CALL GIRL auf spanischem Boden zu realisieren...
LA MARGE handelt von einem Mann namens Sigimond Pons, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Sergine und ihrem Kind in einem prächtigen Anwesen an traumhafter Lage lebt. Als Sigimond eines Tages in Paris die Prostituierte Diana kennenlernt, ändert sich sein Leben schlagartig.
(Ich kann zwar nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber vermutlich kommt tatsächlich nur selten etwas gutes dabei heraus, wenn man ein glückliches Familienleben auf dem Lande und eine ungewöhnliche Liebesbeziehung mit einer Nutte aus einer Großstadt unter einen Hut bringen will...)
Die alternativen Filmtitel EMANUELA '77 oder EMMANUELLE '77 sind nicht gerade passend. Natürlich überrascht es aber nicht, dass ein solcher Film mit Sylvia Kristel teilweise auch auf diese Art vermarktet wurde.
Dieser Film aus dem Jahre 1976 ist überhaupt nicht mit einem typischen 70er-Erotikfilm vergleichbar. Von einem gewöhnlichen Sexfilm erwarte ich normalerweise möglichst ästhetische und/oder prickelnde Liebeszenen, an LA MARGE gefällt mir jedoch die oft düstere, irgendwie melancholische Gesamtatmosphäre bestens.
Die Sexszenen in LA MARGE sind nicht besonders spektakulär, in der bekanntesten spielt ein hartgekochtes Hühnerei eine wichtige Rolle.
Die beiden Hauptdarsteller hatten selbstverständlich keinerlei Probleme damit, sich mehrmals splitternackt zu zeigen. Mich überrascht, wie fasziniert Borowczyk von Kristels Schambereich gewesen zu sein scheint. Wären einzelne der Nahaufnahmen verwackelt, hätte ich mich vermutlich mehrmals gefragt, ob ich versehentlich ein altes Video von Jess Franco falsch beschriftet habe...
Die schauspielerische Leistung von Sylvia Kristel ist nicht ganz so schlecht, wie ich befürchtet hatte. Immerhin beweist sie, dass sie doch etwas facettenreicher spielen kann, als beispielsweise eine Laura Gemser. Joe Dallesandro wirkt jedoch leider meistens eher gelangweilt.
LA MARGE ist ein ziemlich interessantes, ungewöhnliches Erotikdrama. Ich könnte jetzt diverse europäische Regisseure auflisten, die nie einen besseren Genrebeitrag als LA MARGE realisiert haben.
Borowczyk hat meiner Meinung nach jedoch nur noch einen einzigen schlechteren Film gedreht...
Knappe 6 Punkte