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Schauspieler, Drehbuchschreiber und Comicautor Kevin Grevioux war einer der kreativen Väter von „Underworld“, Stuart Beattie schrieb unter anderem „Fluch der Karibik“, „Collateral“ und „G.I. Joe“ – ein nicht uninteressantes Team, das hinter der Verfilmung von Greviouxs Graphic Novel „I, Frankenstein“ steht.
Anders als der Titel es vermuten lässt, ist den Machern bewusst, dass es sich bei Frankenstein um den Wissenschaftler, beim Protagonisten um dessen Kreatur (Aaron Eckhart) handelt. In Kurzform via Voice-Over rekapituliert das Wesen, das sich Adam nennt, die sattsam bekannte Geschichte bis zum Tod Frankensteins im ewigen Eis, ehe die Story auf einmal unerwartete Wege geht: Bei der Beerdigung seines Schöpfers wird Adam von Dämonen angegriffen, ein paar in der Nähe verweilende Gargoyles kommen ihm zur Hilfe und schicken die Biester in die Hölle. Bald erfährt man, dass die Gargoyles im Auftrag des Himmels handeln, also quasi nur die etwas cooleren Alternativen zu den Engeln im sattsam bekannten Kampf Gut gegen Böse sein sollen.
Was dann an Exposition folgt, ist allerdings schwachbrüstiger geschrieben als ähnlich gelagerte Einführungen aus alten Konsolen-Action-Adventures (und damit sind nicht die Referenzwerke jener Ära gemeint): Adam wird in die Stadt Darkhaven zur Königin der Gargoyles, Leonore (Miranda Otto), gebracht, kurz über den Jahrhunderte dauernden Kampf von Himmel und Hölle unterrichtet und darf sich dann noch in der Waffenkammer der Gargoyles bedienen, ehe er wieder von dannen zieht. Als geweihte Waffen packt Adam zwei Kampfstäbe ein, kurze Trainingsmontage mit Kali/Arnis/Eskrima-Stockgewirbel in der Pampa, anschließend die Info via Voice-Over, dass er mittlerweile seit fast zweihundert Jahren Dämonen jagt – alles holprig verbunden und mit überhastet wirkendem Eindruck behaftet, das ist schon kein guter Einstieg für „I, Frankenstein“.

In der Gegenwart verschlägt es Frankenstein erneut nach Darkhaven, wo er während seiner Dämonenjagd fast entdeckt wird. Die Gargoyles schleifen ihn zu Leonore, die ihn in Gewahrsam nimmt. Es kommt zu einer massiven Dämonenattacke auf die Kathedrale der Gargoyles, da die höllischen Heerscharen wahlweise Adam oder das Tagebuch seines Schöpfers zum Umsetzung eines neuen Plans ihres Anführers Naberius (Bill Nighy) brauchen…
„I, Frankenstein“ – der Titel ist Programm, denn wie Frankensteins Monster ist auch der Film in erster Linie aus Einzelteilen zusammengenäht, „Blade“, „Underworld“, „Supernatural“, „Legion“ und „Van Helsing“ lassen als Vorbilder schön grüßen, doch qualitativ unterbietet das Ergebnis selbst letzteren. An „Underworld“ mögen zwar die Beteiligung von Grevioux als Storylieferant, Drehbuchautor sowie Nebendarsteller, die grundlegende Mixtur aus Fantasy, Horror und Action, die Mär vom Krieg zweier Rassen von Fabelwesen (inklusive zu keiner Gruppe gehörender Powerfigur zwischen den Fronten) sowie das Fieslingscasting von Bill Nighy erinnern, doch zehn Jahre später wirkt ein solches Rezept dann schon leicht abgestanden. Noch dazu besitzt „I, Frankenstein“ weder den Drive noch den Charme oder Einfallsreichtum von „Underworld“, der weniger als ein Drittel von dem kostete, was „I, Frankenstein“ verschlang, dabei zwei Stunden lief, während es „I, Frankenstein“ gerade mal auf rund 90 Minuten bringt.

Und wenn man sich einmal anschaut wie schnell die jeweils zwei Stunden von „Blade“ und „Underworld“ vergehen, wie lang einem allerdings „I, Frankenstein“ vorkommt, dann offenbaren sich bereits die qualitativen Unterschiede. Schon allein auf schreiberischer Ebene erweist sich „I, Frankenstein“ schnell als Bankrotterklärung, so reizvoll die Prämisse anfangs auch sein mag. Der Kampf um das Wissen wie man Tote wiederbelebt wird zur wenig spannenden Folie eintöniger Superwesenkloppereien, wobei man auf jedwede Kohärenz pfeift. So baut die Wissenschaftlerin Terra (Yvonne Strahovski), die natürlich nichts von den finsteren Machenschaften ihres Chefs weiß, so mir nichts, dir nichts ein enges Verhältnis zu Adam auf, die Gargoyles schwanken dazwischen Adam zu beschützen oder ihn sicherheitshalber umnieten zu wollen, je nachdem wie es dem Drehbuch gerade passt, und auch über so manchen Logikaspekt des Films denkt man lieber gar nicht erst nach. Oder gibt es einen nachvollziehbaren Grund, warum die Hauptquartiere von Gargoyles und Dämonen beide in Darkhaven und dort auch noch beinahe Tür an Tür liegen?
Aaron Eckhart darf hier wenig von seinem nicht unerheblichen Können zeigen, stattdessen geht er ständig mit verkniffener Miene auf Dämonenjagd und kommt nur in wenigen Szenen darstellerisch zum Zuge (meist dann, wenn es um die tragischen Hintergründe und das Schicksal seiner Figur geht) – mal ganz abgesehen davon, dass ein paar aufgeschminkte Narben ihn nie so aussehen lassen als wäre er wirklich aus Leichenteilen zusammengenäht. Yvonne Strahovski als weibliche Hauptfigur bleibt blass und wird auf das Leinwandklischee der supersmarten Wissenschaftlerin mit großem Herzen und Modelaussehen reduziert, während Miranda Otto immer nur erhaben guckend in der Gegend rumsteht. Jai Courtney gibt mit gewohnt reduzierter Mimik und dem ihm ganz eigenen Mangel an Ausstrahlung die rechte Hand der Gargoylekönigin, während einzig und allein Bill Nighy halbwegs in seiner Rolle aufgeht, wenn er mit Spaß den Schurken gibt. Kevin Grevioux tritt derweil als rechte Hand des Dämonenchefs auf.

Wer jetzt an Horror und Gänsehaut denkt, weil das Wort Frankenstein im Filmtitel vorkommt, der schraubt seine Erwartungen besser zurück, denn „I, Frankenstein“ ist relativ oberflächliches Gekloppe der Superwesen, das inszenatorisch etwas stottert. Im Gegensatz zu seinem Regiedebüt „Tomorrow, When the War Began“ wirkt Beatties Inszenierung hier stellenweise unsauber, die Szenenübergänge holpern, weshalb kein Flow in das eh schon steife Drehbuch kommt. Die eine oder andere stimmig-düstere Szene gelingt ihm zwar, da der Film sich jedoch gegen den Grusel und für das Spektakel entscheidet, machen diese den Kohl auch nicht mehr fett. Die vorhandenen CGI-Tricks sind bestenfalls solide, hinken aber hinter derzeitigen Referenzwerken wie „Transformers“, „The Avengers“ oder „Pacific Rim“ sichtlich her.
Und noch dazu kommt die Tatsache, dass man sich an den Klopperei von meist aus dem Rechenknecht stammenden Superwesen satt gesehen hat. Wo die herausragenden Stücke des derzeitigen Blockbusterkinos verstärkt wieder Körperlichkeit in ihr Spektakel einbauen, da fehlt „I, Frankenstein“ ein derartiges Gespür meist. Hin und wieder lassen die Kämpfe echten Hand-to-Hand-Combat mit einer brauchbaren Choregraphie sehen, meist wenn Adam seine Kampfstöcke einsetzt, was wesentlich eindrucksvoller wirkt als jene Szenen, in denen sich die Fabelwesen durch Wände oder durch die Gegend schleudern. Die Tatsache, dass die Gargoyles fliegen können und bei Angriffen Dämonen mit ihren Füßen in die Lüfte zerren, gibt den CGI-Kampfszenen immerhin ein kleines Novum, dessen Originalität sich aber schnell abnutzt, woraufhin man wieder auf den Boden der Tatsachen geholt wird: Die meisten Actionszenen in „I, Frankenstein“ wirken so als würde man jemand anderem beim Computerspielen über die Schulter gucken und dementsprechend wenig packend sind sie dann auch.

„I, Frankenstein“ wäre gerne der etwas andere Superheldenfilm, vermutlich auch gern ein Franchisestart wie die Vorbilder „Blade“ und „Underworld“, wie der Endmonolog Adams (der natürlich mit Aussprache des Filmtitels endet) andeutet. Qualitativ ist die müde geschriebene und wenig packend inszenierte Mär vom Kampf Gut gegen Böse aber eher auf dem Niveau von „Van Helsing“ und „R.I.P.D.“, eine öde Schau noch nicht einmal besonders herausragender Effekte. Angesichts des Könnens aller Beteiligten im Unterhaltungskinobereich ist das dann schon ein ziemlicher Schlag ins Wasser.

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